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Geheimdienst-Aufsicht übernimmt Crypto-Untersuchung des Bundesrats

Die bisher parallel laufenden Untersuchungen zur Crypto-Affäre werden zusammengefasst. Die Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte (GPDel) hat entschieden, dass der Untersuchungsbeauftragte des Bundesrats künftig unter ihrer Federführung arbeiten muss.

Agentur
sda
26.02.20 - 17:03 Uhr
Politik
Die Untersuchungen zur Crypto-Affäre laufen nun alle über die Geheimdienst-Aufsicht des Parlaments. (Archivbild)
Die Untersuchungen zur Crypto-Affäre laufen nun alle über die Geheimdienst-Aufsicht des Parlaments. (Archivbild)
KEYSTONE/ALEXANDRA WEY

Damit übernimmt sie faktisch die Untersuchung durch alt Bundesrichter Niklaus Oberholzer, die der Bundesrat im vergangenen Herbst eingeleitet hatte. Die GPDel hat ihre Arbeit schon vor zwei Wochen aufgenommen. Sie habe bereits vier Sitzungen mit Anhörungen durchgeführt, schreibt sie in einer Mitteilung.

Dabei habe sich gezeigt, dass das Nebeneinander mehrerer Untersuchungen mit unterschiedlichen Auftraggebern für die Inspektion der GPDel nicht zielführend sei. Im Interesse einer raschen und effizienten Aufklärung der Angelegenheit habe die GPDel entschieden, dass die Abklärungen durch alt Bundesrichter Oberholzer ab sofort unter der Federführung der GPDel fortgesetzt würden.

Unabhängigkeit infrage gestellt

Diese stützt sich dabei auf das Parlamentsgesetz. Laufen Untersuchungen des Bundes und der GPDel parallel, muss diese ihr Einverständnis geben für die Fortsetzung der Untersuchung des Bundes. Dies hat sie dem Bundesrat im Fall Crypto offenbar verweigert. Verschiedentlich waren bereits Zweifel an der Unabhängigkeit einer Untersuchung im Auftrag des Bundesrats geäussert worden, da es zur Rolle des Bundesrats in der Crypto-Affäre ebenfalls Fragezeichen gibt.

Ohnehin hat Oberholzer unter der GPDel mehr Möglichkeiten. Der Untersuchungsbeauftragte verfüge im Rahmen seines Auftrags über dieselben Informationsrechte wie die GPDel, heisst es in der Mitteilung. Seine Erkenntnisse würden in die Arbeiten der Delegation einfliessen.

Die GPDel verfügt über die gleichen Befugnisse wie eine parlamentarische Untersuchungskommission (Puk). Sie kann alle notwendigen Informationen und Dokumente verlangen, auch Protokolle von Bundesratssitzungen und geheime Unterlagen.

Bundesrat schickt Bundeskanzler

Noch unklar ist, ob parallel zur GPDel-Untersuchung auch eine Puk eingesetzt wird. Das Büro des Nationalrats hat den Entscheid über eine parlamentarische Initiative der SP-Fraktion aufgeschoben. Zunächst will sie den Bundesrat und den GPDel-Präsidenten anhören.

Der Bundesrat leistet der Einladung des Nationalratsbüros Folge, wie Bundesratssprecher André Simonazzi am Mittwoch vor den Bundeshausmedien sagte. Er lässt sich am kommenden Montag zur Frage einer Puk anhören.

Allerdings erscheint kein Mitglied des Gremiums zur Anhörung. Stattdessen lässt sich die Regierung vom Bundeskanzler vertreten. Für diese eher formelle Frage sei die Bundeskanzlei prädestiniert, sagte Simonazzi. Der Bundesrat sei der Ansicht, dass das die bestmögliche Vertretung sei.

Stimmt das Büro des Nationalrates der parlamentarischen Initiative der SP-Fraktion zu, muss das Büro des Ständerats darüber entscheiden. Sagen beide Büros Ja, kann ein entsprechender Bundesbeschluss ausgearbeitet und den Räten vorgelegt werden.

Kaum Reaktionen

Am vergangenen Wochenende hatte das Verteidigungsdepartement VBS bestätigt, dass es Reaktionen ausländischer Staaten auf die Crypto-Affäre gegeben habe. Simonazzi stellte nun jedoch klar, dass nur ein einziger Staat in der Sache an die Schweiz gelangt sei. Es gebe nur eine Reaktion, sagte er.

Der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) und der US-Auslandsgeheimdienst (CIA) kauften in den 1970er-Jahren verdeckt die Zuger Firma Crypto, die Chiffriergeräte zur Verschlüsselung geheimer Kommunikation in alle Welt verkaufte.

Recherchen der Sender SRF und ZDF sowie der Zeitung «Washington Post» ergaben, dass die Crypto-Geräte so manipuliert waren, dass die Geheimdienste die Kommunikation trotz Verschlüsselung mitlesen konnten. Über hundert Staaten sollen von der Abhöraktion betroffen gewesen sein.

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