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Mehrere Kritiker des Rahmenabkommens abgewählt - Deblockade möglich

Nach den eidg. Wahlen dürfte nun wieder das Rahmenabkommen in den Vordergrund rücken. Ein Entscheid vor der Abstimmung über die SVP-Begrenzungsinitiative ist zwar nicht zu erwarten, trotzdem werden Fortschritte erwartet - auch wegen der Abwahl von Abkommens-Kritikern.

Agentur
sda
21.10.19 - 17:19 Uhr
Politik

Denn noch immer liegt der Entwurf des im November 2018 ausgehandelten institutionellen Rahmenvertrags mit den drei offenen Punkten - Unionsbürgerrichtlinie, Lohnschutz und staatliche Beihilfen - auf dem Tisch.

Zurzeit laufen dazu in der Schweiz Konsultationsgespräche mit den Sozialpartnern. Doch scheinen die Gespräche nur schwierig voranzugehen, wie man hört. Denn sowohl von den Gewerkschaften wie auch von Seiten des Gewerbeverbands gibt es starke Vorbehalte gegen das Abkommen.

Einfluss der Wahlen

Am Sonntag aber wurden gewichtige Kritiker des Rahmenabkommens, die bei den Gesprächen am runden Tisch massgeblich beteiligt sind, abgewählt: Auf der rechten Seite Jean-François Rime (SVP/FR), Präsident des Schweizerischen Gewebeverbands, und dessen Verbandsdirektor Hans-Ulrich Bigler (FDP/ZH). Auf der linken Seite traf die Abwahl Travail.Suisse-Präsident Adrian Wüthrich (SP/BE) und Corrado Pardini (SP/BE) von der Gewerkschaft Unia.

Hans-Peter Portmann (FDP/ZH), Präsident der parlamentarischen Delegation Schweizer-EFTA/EU und Elisabeth Schneider-Schneiter (CVP/BL), Präsidentin der Aussenpolitischen Kommission im Nationalrat, gewichteten im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA beim Rahmenabkommen die Abwahl der genannten Kritikern stärker als das Erstarken der Grünen.

Für Portmann ist die Abwahl der Gewerkschafter Zeichen dafür, dass die Stimmberechtigten sich ein Weiterkommen beim Rahmenabkommen wünschen. Der FDP-Mann ist davon überzeugt, dass damit die Konsultationsgespräche endlich vorwärts gehen.

Schneider-Schneiter glaubt ebenfalls an eine Deblockierung. Sie sei der Meinung, dass mit der Abwahl der Gewerkschaftsvertreter der Druck von der SP genommen würde und dadurch eine neue Dynamik entstünde. «Denn die SP ist eigentlich ein sicherer Wert in der Bildung einer europapolitischen Allianz.»

Begrenzungsinitiative abwarten

Sowohl Schneider-Schneiter wie auch Portmann sind aber überzeugt, dass die voraussichtlich im Mai 2020 zur Abstimmung kommende Begrenzungsinitiative der SVP abgewartet werden muss, bevor man beim Rahmenabkommen zu einem Abschluss kommen kann. Die Initiative verlangt die Kündigung der Personenfreizügigkeit.

Dass das Rahmenabkommen für die Abstimmung über die SVP-Initiative aber zur politischen Hypothek werden könnte, glaubt Schneider-Schneiter nicht. «Alle EU-Abstimmungen nach der Masseneinwanderungsinitiativen wurden gewonnen», sagte sie und verweist u.a. auf die Selbstbestimmungsinitiative und die Abstimmung über die Übernahme der EU-Waffenrichtlinie.

«Trotzdem darf die Schweiz die Zeit bis zur Abstimmung im Mai nicht ungenutzt lassen», sagte Portmann mit Blick auf den Rahmenvertrag. In seiner Funktion als Präsident der Schweizer EFTA/EU-Delegation ist er deshalb bereits aktiv geworden.

Zusammen mit seinem Stellvertreter Eric Nussbauern (SP/BL) hatte er sich Anfang Oktober mit gewichtigen Vertretern des EU-Parlaments in Brüssel getroffen, um via die beiden Parlamente die Deblockierung des Rahmenabkommens voranzutreiben. Ein weiteres Treffen dazu ist Ende November geplant.

Ziel Portmanns ist es, schnell Klarheit beim Rahmenabkommen zu schaffen, damit EU-Gegner Unklarheiten im bevorstehenden Abstimmungskampf um die Begrenzungsinitiative nicht als Argumente nutzen können.

Lehren aus dem Brexit

Und auch Schneider-Schneiter ist aktiv geworden. Auf europäischer Ebene will sie für die Schweizer Anliegen um Verständnis werben. «Bundesrätin Doris Leuthard hatte einen guten Draht zu EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker», sagte die CVP-Politikerin. Über die Parteienfamilie wolle man nun versuchen, eine ähnlich gute Beziehungen aufzubauen.

Der Brexit habe sie nämlich zuversichtlich gestimmt, «dass die EU bereit ist, mit uns die drei offenen Punkte zu klären». Denn obwohl die EU-Kommission anfänglich gegenüber Grossbritannien betont hatte, es werde nicht nachverhandelt, sondern nur präzisiert, gab es schlussendlich Nachverhandlungen. Ähnlich wie gegenüber London hatte sich die EU auch gegenüber Bern geäussert.

Für sie sei es zweitrangig, so Schneider-Schneiter, ob man am Schluss dafür das Rahmenabkommen nochmals aufmache oder das in einem Anhang regle. Hauptsache, es gelinge. Denn das Rahmenabkommen sei nichts anderes als die Weiterführung des bilateralen Wegs.

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