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Kanton St. Gallen ist beim Jagdgesetz zum Warten gezwungen

Die Kantone müssen mit ihren Konzepten, die auf dem revidierten eidgenössischen Jagdgesetz basieren, warten: wegen des drohenden Referendums. Was das für den Kanton St. Gallen bedeutet, erörtert der zuständige Amtsleiter Dominik Thiel.

Linth-Zeitung
15.10.19 - 08:49 Uhr
Politik
Wie weiter mit dem Calanda-Wolf? Noch kann das Amt für Natur, Jagd und Fischerei keine genauen Angaben machen.
Wie weiter mit dem Calanda-Wolf? Noch kann das Amt für Natur, Jagd und Fischerei keine genauen Angaben machen.
ARCHIVBILD CHARLY GURT

von Denise Alig

National- und Ständerat haben Ende der diesjährigen Herbstsession das revidierte eidgenössische Jagdgesetz mit grosser Mehrheit angenommen. Welche Folgen hat die Revision für die Kantone, da-runter namentlich für den Kanton St. Gallen? Diese Frage beantwortet Dominik Thiel, Leiter des kantonalen Amtes für Natur, Jagd und Fischerei. «Zum jetzigen Zeitpunkt kann dazu keine Aussage gemacht werden», sagt er.

Dabei verweist Thiel auf das gegen die Vorlage angekündigte Referendum, den unbestimmten Ausgang der Abstimmung darüber und die noch unbekannten möglichen Folgen daraus. «Sobald klar ist, was definitiv in Kraft tritt, werden die Auswirkungen sichtbar», erklärt er.

Tatsächlich haben die Umweltverbände Pro Natura, WWF Schweiz, Birdlife Schweiz sowie die Gruppe Wolf Schweiz das revidierte Jagdgesetz im Visier. Sie wollen Unterschriften für das Referendum sammeln. Es wird damit gerechnet, dass die nötigen 50 000 Unterschriften fristgerecht zusammenkommen. Die Abstimmung soll dann im nächsten Jahr durchgeführt werden.

Den Kern der Argumentation der Umweltorganisationen bilden die im revidierten eidgenössischen Jagdgesetz vorgesehenen Regelungen zum Wolf. So argumentieren sie, es sei nicht zu verantworten, dass geschützte Tiere künftig abgeschossen werden könnten, ohne dass sie vorher Schaden angerichtet hätten. Zudem wird im Gesetz zwar ausschliesslich der Wolf genannt. Allerdings kann der Bund künftig weitere geschützte Tierarten auf die Abschussliste setzen.

St. Galler Konzept nicht betroffen

Das überarbeitete eidgenössische Jagdgesetz geht zurück auf eine vor fünf Jahren vom Bündner Ständerat Stefan Engler eingereichte Motion unter dem Titel «Zusammenleben von Wolf und Bergbevölkerung». In welche Richtung soll nun gemäss Thiel das Konzept des Kantons St. Gallen zur Regulierung des Wolfsbestandes gehen? «Die Aspekte im kantonalen Konzept Wolf St. Gallen sind durch Bundesvorgabe nicht betroffen», sagt er. Erst wenn revidiertes Bundesrecht in Kraft trete, sei auch klar, ob und welche Auswirkungen dies auf mögliche Regulationsvorhaben im Kanton habe.

«Man darf nicht vergessen, dass bereits heute mit geltendem Recht die Regulation geregelt und unter gewissen Umständen möglich ist», betont Thiel. «So können wir heute schon eine Abschussbewilligung erteilen, wenn ein bestimmter Wolf eine gewisse Anzahl Nutztiere in einer gewissen Zeit gerissen hat.» Bei einer Regulation sei nach heutigem Recht aber immer eine Zustimmung des Bundes notwendig, ergänzt er.

Erstmals wohl kein Nachwuchs

Wie gross ist denn der aktuelle Handlungsbedarf im Kanton St. Gallen, den Wolfsbestand zu reduzieren? «Die Situation im Kanton St. Gallen bezüglich Wolf ist im Moment ruhig», sagt der Leiter des Amtes für Natur, Jagd und Fischerei. «Das Calandarudel hatte heuer erstmals seit seiner Gründung im Jahr 2012 keine Jungen, soweit dies bekannt ist.» Es habe wieder einige Nutztierrisse gegeben, doch wenige Wolfsnachweise das ganze Jahr über, so Thiel.

Zur Entwicklung des Calandarudels gibt es inzwischen gesicherte neue Informationen.

Calanda-Wölfin vermutlich tot
»Die Calanda-Wölfin F07 hat dieses Jahr keine DNA-Spuren hinterlassen. Sie ist womöglich tot. Und es gibt auch keinen Nachweis für Nachwuchs. Bis letzten Frühling hat die Leitwölfin am Calanda während sieben Jahren Welpen geworfen. Über 40 Jungtiere hat sie insgesamt mit Wolfsvater M30 grossgezogen. Doch dieses Jahr gibt es keinen Nachweis für junge Wölfe. Weder wurden Wolfswelpen von Jägern beobachtet, noch gibt es ein Fotofallenbild. Und auch die Leitwölfin selber hat in diesem Jahr keine DNA-Spuren hinterlassen. Es ist deshalb wahrscheinlich, dass sie tot ist. Die Wölfin F07 war wie der Wolfsrüde M30 im Jahr 2011 von Italien zugewandert. Ein Jahr später hatten die beiden Alphatiere Nachwuchs – es war das erste Wolfsrudel der Schweiz. Dass die Wolfspräsenz am Calanda schwächer ist, hat sich während der Bündner Hochjagd gezeigt. So wurden in der Region Haldenstein und Trimmis dieses Jahr laut dem Bündner Jagdinspektor Adrian Arquint mehr Hirsche geschossen. 

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