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Ständerat verteuert Kampfjet-Kauf mit Kompensationsgeschäften

Der Ständerat will neue Kampfflugzeuge für 6 Milliarden Franken kaufen. Er hat dem Planungsbeschluss des Bundesrats am Dienstag mit grosser Mehrheit zugestimmt. Die Diskussion drehte sich vor allem um den Umfang der Kompensationsgeschäfte.

Agentur
sda
24.09.19 - 11:38 Uhr
Politik

Im Grundsatz war das Rüstungsgeschäft unbestritten. Die Waadtländer SP-Ständerätin Géraldine Savary hatte zwar dessen Rückweisung an den Bundesrat verlangt mit der Forderung, auch das neue System zur bodengestützten Luftverteidigung (Bodluv) in den Planungsbeschluss aufzunehmen. Savary wollte damit für mehr Transparenz sorgen. Sie sei nicht gegen den Kauf neuer Kampfflugzeuge, betonte sie.

Die Mehrheit unterstützte aber das vom Bundesrat vorgeschlagene Vorgehen, den Kauf neuer Flugabwehrraketen für 2 Milliarden Franken nicht in den Planungsbeschluss aufzunehmen. Damit unterliegt dieses Rüstungsgeschäft nicht dem Referendum. Eine Rückweisung wäre bloss ein Zeitverlust und ein unnötiges Risiko, sagte Kommissionssprecher Josef Dittli (FDP/UR).

Savarys Antrag scheiterte mit 30 zu 13 Stimmen. Dem Kampfjet-Kauf für einen Höchstbetrag von 6 Milliarden Franken stimmte der Ständerat in der Gesamtabstimmung mit 32 zu 6 Stimmen bei 6 Enthaltungen zu.

Umstrittene Kompensationsgeschäfte

Für Diskussionen sorge der Anteil der Offset-Geschäfte. In der Regel müssen ausländische Lieferanten von Rüstungsgütern das volle Vertragsvolumen durch die Vergabe von Aufträgen in der Schweiz kompensieren. Im Zusammenhang mit dem Kauf neuer Kampfflugzeuge hatte der Bundesart jedoch vorgeschlagen, nur 60 Prozent des Vertragswerts zu kompensieren.

20 Prozent sollen durch direkte Kompensationen im Zusammenhang mit den Kampfflugzeugen und 40 Prozent als indirekte Offsets im Bereich der sicherheitsrelevanten Technologie- und Industriebasis abgedeckt werden. Die 6 Milliarden Franken seien ein knapper Betrag für die Erneuerung der ganzen Flugzeugflotte, erklärte Verteidigungsministerin Viola Amherd. Jede Verteuerung, die nicht sicherheitspolitisch begründet sei, müsse verhindert werden.

Sicherheit statt Subventionen

Eine Minderheit um Isidor Baumann (CVP/UR) unterstützte Amherd. Baumann gab zwar zu, dass nicht genau bekannt sei, in welchem Umfang Offsets ein Rüstungsgeschäft verteuerten. Die Schätzungen liegen zwischen 2,5 und 20 Prozent. Die Zusatzkosten müssten aber auf jeden Fall möglichst tief gehalten werden, sagte Baumann. Mit dem Armeebudget müsse die Sicherheit der Schweiz erhöht und nicht Industriepolitik betrieben werden.

Als Kompromiss hatte Baumann beantragt, dass «mindestens» 60 Prozent des Vertragsvolumens kompensiert werden müssen. Unterstützt wurde er von Parteikollege Konrad Graber (LU). Dieser bezeichnete die Kompensationsgeschäfte als Subventionen: «Wir können nicht einfach Geld an die Industrie verteilen», sagte Graber. Laut Anita Fetz (SP/BS) würden die Kampfjets mit einer vollständigen Kompensation um 1 Milliarde Franken verteuert. Davon profitierten nicht Schweizer KMU, sondern internationale Konzerne. «Das wird der Sargnagel in der Volksabstimmung», warnte Fetz.

«Heftige Reaktionen»

Die Mehrheit des Ständerats ist im Gegenteil überzeugt, dass nur eine vollständige Kompensation Erfolg an der Urne garantiert. Für eine Zustimmung brauche es die Geschlossenheit der Industrie und der Landesgegenden, sagte Joachim Eder (FDP/ZG). Christian Levrat (SP/FR) warnte vor heftigen Reaktionen aus der Westschweiz, sollten bloss 60 Prozent kompensiert werden.

Die Westschweizer Volkswirtschaftsdirektoren hatten in einem Brief an die Ständeratskommission darauf hingewiesen, dass es in der Romandie nur wenig Rüstungsindustrie gebe. Diese könne daher kaum von Offsets in der sicherheitsrelevanten Industrie profitieren. «Ein grosser Teil des Landes würde in die Röhre blicken», sagte Alex Kuprecht (SVP/SZ).

Rücksicht auf Regionen

Das will der Ständerat mit einem Verteilschlüssel verhindern. Er beschloss, dass 65 Prozent der Kompensationsgeschäfte der Deutschschweiz, 30 Prozent der Westschweiz und 5 Prozent der italienischsprachigen Schweiz zugute kommen müssen.

Er legte im Planungsbeschluss auch detailliert fest, welche Industriebereiche von den Offsets profitieren sollen. Kommissionssprecher Dittli bestritt, dass es sich dabei um Subventionen handle. Die Mehrkosten seien nötig für den Aufbau des sicherheitsrelevanten Wissens. Der Ständerat entschied sich mit 27 zu 17 Stimmen für eine vollständige Kompensation.

Vier Jets im Rennen

Der Planungsbeschluss enthält den Auftrag an den Bundesrat, für einen Höchstbetrag von 6 Milliarden Franken neue Kampfjets zu kaufen. Nicht festgelegt sind die Flottengrösse und der Flugzeugtyp. Darüber entscheidet später der Bundesrat.

Das Evaluationsverfahren ist bereits voll im Gang. Im Rennen sind das Tarnkappenflugzeug F-35 von Lockheed Martin, der F/A-18 Super Hornet von Boeing, der Rafale des französischen Herstellers Dassault und das Airbus-Flugzeug Eurofighter. Der Evaluationsbericht soll im zweiten Halbjahr 2020 vorliegen.

Eine Referendumsabstimmung findet voraussichtlich am 27. September 2020 statt. Spätestens Anfang 2021 will der Bundesrat entscheiden, welches Kampfflugzeug gekauft werden soll. Ab 2025 steigen die ersten Jets in den Schweizer Himmel auf, 2030 soll die Beschaffung abgeschlossen sein. Parallel dazu werden die F/A-18 und die letzten Tiger ausser Dienst gestellt.

Die Vorlage geht nun an den Nationalrat. Das letzte Wort dürfte das Volk haben. Die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) hat nach dem Entscheid des Ständerats die Absicht bekräftigt, das Referendum zu ergreifen.

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