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Affäre um «La Région» spaltet Stadtrat von Yverdon-les-Bains

Der Abgang der Chefredaktorin der Lokalzeitung «La Région» hat zu einer Spaltung der Stadtregierung von Yverdon-les-Bains VD geführt. Die drei linken Stadträte brachen mit dem Kollegialitätsprinzip. Die rechte Mehrheit bezichtigt ihre Kritiker der Lüge.

Agentur
sda
09.07.19 - 17:21 Uhr
Politik
"Wir haben nie den Abgang der Chefredaktorin gefordert, wir haben keinen Einfluss auf den Verwaltungsrat von "La Région", wir haben keine Erpressung betrieben", sagte der freisinnige Stadtpräsident Jean-Daniel Carrard (Mitte).
"Wir haben nie den Abgang der Chefredaktorin gefordert, wir haben keinen Einfluss auf den Verwaltungsrat von "La Région", wir haben keine Erpressung betrieben", sagte der freisinnige Stadtpräsident Jean-Daniel Carrard (Mitte).
Keystone/JEAN-CHRISTOPHE BOTT

Streitpunkt ist ein Brief des freisinnigen Stadtpräsidenten Jean-Daniel Carrard vom Mai an «La Région», der schliesslich zum Austritt der Chefredaktorin Caroline Gebhard führte. Carrard hatte in dem Schreiben im Namen der Exekutive seine «Enttäuschung» geäussert, über «die Art und Weise, wie die Lokalzeitung über bestimmte Ereignisse» berichte.

In der Folge kündigte der Syndic der Zeitung an, dass die Stadt ihre Informationsseiten für die Bevölkerung künftig nicht mehr in dem Blatt veröffentlichen werde. Für die Zeitung bedeutet dies ein Ertragsverlust fast 28'000 Franken pro Jahr.

Ende Juni wurde die Chefredaktorin vom Verwaltungsrat vorgeladen. Seither arbeitet Gebhard nicht mehr für die Zeitung. Aus Sicht ihres Anwalts handelt es sich um eine missbräuchliche Kündigung. Die Anwälte der Zeitung sprechen dagegen von einer freiwilligen Kündigung Gebhards.

Tiefer Graben

Wie tief der Graben in der Exekutive der Stadt am Neuenburgersee ist, zeigten die beiden getrennten Medienkonferenzen am Dienstag in Yverdon. Das Feuer eröffneten die linken Stadträte mit dem Verlesen von zwei Briefen. Einer von den SP-Politikern Pierre Dessemontet und Jean-Claude Ruchet, der andere im Namen der Grünen Carmen Tanner, die wegen Mutterschaftsurlaubs abwesend war.

Die linken Vertreter räumten zwar ein, dass sie dem Entscheid, der Zeitung einen Beschwerdebrief zu schicken, zugestimmt hätten. Sie hätten aber nicht gewollt, dass die Kritik auch materielle Konsequenzen habe wie den Verzicht auf die Gemeindeseiten in der Zeitung.

Der Inhalt des Briefs, den Stadtpräsident Carrard im Namen des Kollegiums versendete, sei weit über den Entscheid des Stadtrats hinausgegangen, sagte SP-Vertreter Dessemontet. Der Stadtrat habe nie einen Stopp der Veröffentlichung der Gemeindeseiten in der Zeitung «La Région» beschlossen.

Nachdem der Fall vergangene Woche durch die Medien an die Öffentlichkeit gekommen war, habe man einen Vermittlungsversuch unternommen, der sich letztlich aber als erfolglos herausgestellt habe. Deshalb habe die Linke schweren Herzens mit dem Kollegialitätsprinzip brechen müssen. «Es war unerträglich, mit diesem Entscheid in Verbindung gebracht zu werden», sagte Dessemontet, der zugleich die Pressefreiheit verteidigte.

Widerspruch

Dieser Darstellung widerspricht die bürgerliche Mehrheit im Stadtrat. Die linken Stadträte seien mit dem ganzen Text einverstanden gewesen.

«Was sie sagen, ist nicht wahr», sagte Syndic Carrard ein paar Stunden später vor versammelter Presse, unterstützt von seinen Parteikollegen im Stadtrat, Gloria Capt und Marc-André Burkhard und Stadtpräsident Carrard. Die vierte Freisinnige im Stadtrat, Valérie Jaggi Wepf, war abwesend.

Die FDP-Vertreter bestreiten, Druck auf die Zeitung ausgeübt zu haben. "Wir bedauern die Entwicklung der Ereignisse. Wir haben nie den Abgang der Chefredaktorin gefordert, wir haben keinen Einfluss auf den Verwaltungsrat von «La Région», wir haben keine Erpressung betrieben", versicherte Carrard.

Das Verhalten seiner linken Ratskollegen bezeichnete er als Wahlkampfmanöver. Den Bruch mit dem Kollegialitätsprinzip findet er «ungerechtfertigt».

Foto nicht veröffentlicht

In dem Beschwerdebrief an die Zeitung «La Région» hatte Stadtpräsident Carrard der Chefredaktorin Gebhard unter anderem vorgeworfen, ein Foto mit mehreren Gemeindepräsidenten nicht in der Zeitung veröffentlicht zu haben. Auch habe die Zeitung seine Worte während einer Veranstaltung, die von der Stadt mitorganisiert wurde, nicht in der Meldung berücksichtigt.

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