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May beantragt Brexit-Aufschub - EU-Partner stellen Bedingungen

Die britische Premierministerin Theresa May hat die EU am Mittwoch um einen kurzen Brexit-Aufschub bis zum 30. Juni gebeten. Wegen der Europawahlen forderte die EU-Kommission den EU-Gipfel dazu auf, nur einer Verlängerung bis zum 23. Mai zuzustimmen.

Agentur
sda
20.03.19 - 22:20 Uhr
Politik
Die britische Premierministerin Theresa May hat die EU um einen kurzen Brexit-Aufschub bis zum 30. Juni gebeten. Für eine Verlängerung über Ende Juni hinaus sei sie nicht bereit, sagte sie am Mittwoch im Unterhaus in London.
Die britische Premierministerin Theresa May hat die EU um einen kurzen Brexit-Aufschub bis zum 30. Juni gebeten. Für eine Verlängerung über Ende Juni hinaus sei sie nicht bereit, sagte sie am Mittwoch im Unterhaus in London.
KEYSTONE/EPA UK PARLIAMENT/JESSICA TAYLOR / HANDOUT

Die Staats- und Regierungschefs der 27 verbleibenden EU-Staaten werden nun an ihrem Gipfeltreffen am Donnerstag entscheiden müssen, ob sie einer Verlängerung zustimmen. Diese Zustimmung muss einstimmig sein.

In einer turbulenten Unterhaus-Sitzung sagte May am Mittwochnachmittag, sie sei nicht bereit, den Austritt über den 30. Juni hinaus zu verschieben. Die Regierung plane, nach dem EU-Gipfel einen dritten Anlauf zu unternehmen, für ihren Brexit-Vertrag im Unterhaus eine Mehrheit zu bekommen.

In einer Erklärung am Abend machte May das Parlament in London für die sich anbahnende Verzögerung des EU-Austritts verantwortlich. «Die Abgeordneten waren unfähig, sich auf einen Weg für die Umsetzung des Austritts des Vereinigten Königreichs zu einigen», sagte sie. Das Resultat sei nun, dass der Brexit nicht wie geplant am 29. März mit einem Abkommen stattfinden könne. «Ich bedauere das persönlich sehr.»

May ist mit ihrem Brexit-Vertrag schon zwei Mal im Unterhaus gescheitert, und eine Mehrheit ist weiterhin nicht in Sicht. Angesichts dessen hatte das britische Parlament vergangene Woche die Regierung aufgefordert, einen Aufschub zu beantragen, um einen ungeregelten Brexit mit unabsehbaren wirtschaftlichen und politischen Folgen zu vermeiden.

EU-Ratspräsident Donald Tusk hält nach Rücksprache mit anderen europäischen Politikern eine «kurze Verschiebung» des Brexit für möglich, falls das britische Parlament den Austrittsvertrag annimmt. Das sagte er am Mittwoch nach dem Erhalt von Mays Antrags-Schreiben.

Rechtlich problematisch für EU

Eine Sprecherin der EU-Kommission sagte, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker habe May in einem Telefongespräch am Mittwochmorgen darauf hingewiesen, dass Grossbritannien bei einer Verlängerung der EU-Mitgliedschaft über den 23. Mai hinaus an der Europawahl teilnehmen müsse.

Denn würden die EU-Staats- und Regierungschefs einer Verlängerung bis zum 30. Juni zustimmen, ohne dass Grossbritannien an der Europawahl teilnimmt, sieht die EU-Kommission «ernsthafte rechtliche und politische Risiken» für die EU. Dies geht aus einem internen Dokument vor, das der Nachrichtenagentur AFP vorliegt.

Würde etwa London im Juni um eine weitere Verlängerung bitten, ohne Wahlen abgehalten zu haben, könne dies «die formale Konstituierung des neuen Europäischen Parlaments illegal machen», heisst es darin. «Und diese Illegalität würde alle seine nachfolgenden Entscheidungen infizieren».

May lehnte jedoch die Teilnahme an den Europawahlen in ihrem Antrags-Schreiben ab. Die Vorstellung, dass in Grossbritannien neue Europa-Abgeordnete gewählt würden, sei inakzeptabel, heisst es darin.

Grossbritannien muss ich also bis zum 11. April entscheiden, ob es an den Wahlen teilnimmt. Damit ist dieses Datum praktisch der letzte Termin, bis zu dem das Unterhaus dem Brexit-Abkommen zugestimmt haben muss.

Labour spricht von Erpressung

Abgeordnete der oppositionellen Labour-Partei warfen May «Erpressung, Nötigung und Bestechung» vor. Mit ihrem Antrag auf einen nur kurzen Aufschub zwinge sie die Abgeordneten, sich zu entscheiden zwischen der Annahme des zwei Mal abgelehnten Abkommens oder dem ungeregelten Brexit. Labour will den Verbleib des Landes in der Zollunion und darüber hinaus eine enge Ausrichtung an der EU.

Die Brexit-Hardliner in Mays Konservativer Partei hingegen sperren sich gegen einen längeren Aufschub, weil sie darin die Gefahr sehen, dass es dann keinen Brexit geben könnte.

Einer von ihnen erklärte, der Antrag auf Verschiebung sei Verrat am britischen Volk. Die Briten hatten im Juni 2016 in einem Referendum mit 52 gegen 48 Prozent für den EU-Austritt gestimmt.

Paris gibt sich kritisch

Die deutsche Regierung begrüsste den «klaren Antrag» Grossbritanniens. Nun müssten die Verhandlungen auf dem Gipfel abgewartet werden, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Ein ungeregelter Brexit sei in niemandes Interesse.

Der französische Aussenminister Jean-Yves le Drian hingegen erklärte, ohne eine Garantie von Premierministerin Theresa May, dass sie ihr Abkommen doch noch durchs Parlament bringen werde, werde der EU-Gipfel einen Aufschub ablehnen. «Unsere Botschaft ist eindeutig: ratifiziert das Abkommen oder tretet ohne Abkommen aus», sagte er vor Abgeordneten.

Einem möglichen Sondergipfel kommende Woche, wie EU-Kommissionspräsident Juncker am Mittwochmorgen ins Spiel gebracht hatte, erteilte Tusk eine Absage. Es gebe die Möglichkeit, in einem schriftlichen Umlaufverfahren eine Verlängerung zu regeln, falls sich die EU-Staats- und Regierungschefs am Gipfel nicht einigen können.

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