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Erneut Zusammenstösse mit Verletzten bei Protesten in Frankreich

Rund drei Monate nach Beginn der Proteste ist es bei «Gelbwesten»-Demonstrationen in Paris erneut zu Ausschreitungen mit mindestens einem Schwerverletzten gekommen. Vor der Pariser Nationalversammlung gab es Zusammenstösse zwischen Aktivisten und Sicherheitskräften.

Agentur
sda
10.02.19 - 14:44 Uhr
Politik

Dabei hat ein Mann eine schwere Handverletzung erlitten. Auch in anderen Städten des Landes wie Bordeaux, Toulouse und Lyon gingen am Samstag wieder Tausende auf die Strasse. Die Zahl der Demonstranten sinkt allerdings von Woche von zu Woche.

Die Bewegung hatte im November mit Protesten gegen geplante Benzinpreiserhöhungen begonnen, richtet sich inzwischen aber allgemein gegen die Reformpolitik der Mitte-Regierung von Präsident Emmanuel Macron. Ein weiteres Konfliktthema ist die als zu niedrig empfundene Kaufkraft.

Einige «Gelbwesten»-Aktivisten sollen in Paris versucht haben, Zäune am Eingang der Nationalversammlung - dem Unterhaus des französischen Parlaments - zu durchbrechen, wie der Sender Franceinfo berichtete. Sicherheitskräfte versuchten, das zu verhindern. Dabei kam es zu Zusammenstössen.

Mann verliert vier Finger

Ein Mann wurde dabei schwer an der Hand verletzt und hat vier Finger verloren, wie die französische Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf die Polizeipräfektur berichtete. Das Opfer trug keine gelbe Weste, es soll sich um einen Fotografen der «Gelbwesten» handeln. Die genaue Ursache war noch unklar, Berichten zufolge soll eine Blendgranate für die Verletzung verantwortlich sein.

Seit Beginn der Demonstrationen wurden aufseiten der Sicherheitskräfte und der Demonstranten zahlreiche Menschen verletzt - über die genauen Zahlen herrscht Uneinigkeit. Immer wieder in der Kritik steht dabei auch das Vorgehen der Polizei gegen die «Gelbwesten».

Besonders über den Einsatz von Hartgummigeschossen wird viel diskutiert. Sie können besonders schwere Verletzungen verursachen. Im Netz kursieren zahlreiche Fotos und Videos, die zeigen sollen, dass die Geschosse etliche Demonstranten ernsthaft verletzt haben - etwa im Gesicht oder am Auge.

Aufsehen erregte der «Gelbwesten»-Aktivist Jérôme Rodrigues, der mutmasslich von so einem Geschoss am Auge getroffen wurde. Die Regierung wies das allerdings zurück.

Auto geht in Flammen auf

Am Samstagnachmittag zogen die Demonstranten in Paris weiter auf der linken Seine-Seite in Richtung Champ de Mars, der grossen Grünfläche vor dem Eiffelturm. In der Gegend ging am frühen Abend ein Auto der Anti-Terror-Operation Sentinelle in Flammen auf. «Die Soldaten der Mission Sentinelle schützen unsere Landsleute täglich vor dem Risiko des Terrorismus. Diese Angriffe sind unerträglich», schrieb Innenminister Christophe Castaner auf Twitter.

Auf TV-Bildern waren brennende Fahrzeuge und eingeschlagene Scheiben in der französischen Hauptstadt zu sehen. Die Polizei setzte Tränengas ein. Zahlreiche Demonstranten zogen aber auch friedlich in Paris und anderen Städten durch die Strassen.

Bis zum Abend zählte das Innenministerium 51«400 Demonstranten im ganzen Land, davon rund 4000 in Paris. Am vergangenen Wochenende waren es 58»600 landesweit und 10'500 in der Hauptstadt. Dutzende Menschen wurden festgenommen.

Mehrheit will Referendum

Nach einer aktuellen Umfrage spricht sich eine deutliche Mehrheit der Franzosen für ein Referendum in den kommenden Monaten aus. Ein solches Referendum ist eine Forderung vieler «Gelbwesten» - sollte es dazu kommen, ist jedoch noch unklar, über welche Themen überhaupt abgestimmt würde. 73 Prozent der Befragten sind für eine solche Volksabstimmung, wie das Meinungsforschungsinstitut Ifop für die Zeitung «Journal du Dimanche» ermittelte.

In der vergangenen Woche gab es Vermutungen, dass es ein solches Referendum in Frankreich parallel zur Europawahl am 26. Mai geben könnte. Hier sind die Befragten gespalten - 50 Prozent befürworten dieses Datum, die andere Hälfte bevorzugt eine spätere Abstimmung. Zahlreiche Politiker hatten sich gegen den 26. Mai für ein solches Referendum ausgesprochen.

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