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Wie in der Rosenstadt Wasser zu Wein wird

Der Zwist um die Sanierung der reformierten Kirche in Rapperswil geht in die nächste Runde. Nachdem die Kirchgemeinde ihre Kampagne
gestoppt hat, machen nun die Gegner mobil – mit dem Wort Gottes.

31.01.19 - 04:30 Uhr
Politik
Mit einem Inserat werben Kirchbürger für ein Nein zur Kirchenerneuerung. Die Kirchgemeinde hat ihre Plakate wieder abgehängt.
Mit einem Inserat werben Kirchbürger für ein Nein zur Kirchenerneuerung. Die Kirchgemeinde hat ihre Plakate wieder abgehängt.
BILD PASCAL BÜSSER

Die Plakate sind abgehängt, die Inserate storniert: Die Reformierte Kirchgemeinde Rapperswil-Jona hat am Wochenende beschlossen, ihren Werbefeldzug für ein Ja zur Kirchenerneuerung zu stoppen. Damit will die Kirchgemeinde «die Diskussion auf eine rationale Ebene zurückbringen», wie sie in einer Stellungnahme mitteilte (Ausgabe vom Dienstag).
Für fast fünf Millionen Franken soll die reformierte Kirche in Rapperswil aussen und innen saniert werden. Die Urnenabstimmung findet am 10. Februar statt – und wirft bereits im Vorfeld hohe Wellen. Denn eine Gruppe engagierter Kirchbürger in Rapperswil-Jona hat ihren Widerstand gegen die Sanierung angemeldet und wehrt sich gegen die aus ihrer Sicht unnötige und viel zu teure Erneuerung des Gotteshauses (die «Linth-Zeitung» berichtete).

Keine Hochzeit ohne Wein

Nun wollen auch die Gegner der Kirchenerneuerung mobil machen und kündigen ein Inserat an, das in der Ausgabe vom Samstag in der «Linth-Zeitung» erscheinen soll. Mit einem Wort aus dem Johannesevangelium machen die Kirchbürger auf eine fiktive Weindegustation am 10. Februar, dem Tag der Abstimmung, aufmerksam. In Kapitel 2, Vers 1 bis 10, des Johannesevangeliums wird das Weinwunder zu Kana beschrieben, in dem Jesus Wasser in Wein verwandelt habe.

«Man muss sich nicht sorgen, falls die Kirche in Rapperswil nicht saniert wird.»

Johanna Krapf, Gruppe engagierter Kirchbürger


«Damit wollen wir sagen, dass man sich in Rapperswil-Jona nicht Sorgen machen muss, falls die Kirche an der Zürcherstrasse nicht erneuert wird», sagt Johanna Krapf von der Gruppe engagierter Kirchbürger. Das Johanneswort sei eine Anspielung auf die Ängste von Pfarrern, die befürchten, dass bald keine Trauung mehr in der reformierten Kirche über die Bühne gehen werde, weil Hochzeitsgesellschaften unter den hiesigen Umständen kein Apéro mehr angeboten werden könne. Schliesslich habe man für gesellschaftliche Anlässe, Ausstellungen, Aperitifs und Kirchenkaffees bereits eine ganze Infrastruktur im in der Nähe gelegenen Evangelischen Zentrum Rapperswil (Ezra).

«Falsche Vorstellungen»

Werner Bleisch von der Gruppe engagierter Kirchbürger beschreibt das Inserat mit der Weindegustation als einen Akt der Ironie, der nicht zuletzt auch darauf anspreche, dass es in Rapperswil- Jona viele Rebberge gebe. «Das Inserat soll das Ganze, was sich derzeit abspielt, als Theater abbilden», sagt Bleisch. Mit Satire soll aufgezeigt werden, dass die Kirchenvorsteherschaft von vollends falschen Vorstellungen ausgehe, wenn diese annehme, dank einer Kirchenerneuerung würden mehr Leute ins Gotteshaus strömen.
«Du aber hast den guten Wein bis am Schluss zurückgehalten», ruft der Speisemeister dem Bräutigam im Wort des Johannes zu: «Jedermann gibt zuerst den guten Wein und, wenn sie trunken sind, den geringeren.» Der Speisemeister wusste schlicht nicht, dass der Wein ausgegangen war und Jesus Wasser in Wein verwandelte – offenbar in guten.

«Unnötige Sorgen»

Damit wollen die Gegner der Kirchenerneuerung darauf aufmerksam machen, dass sich das Volk keine Sorgen machen müsse, dass es nach der Hochzeit in der Kirche ohne Apéro verbleiben müsse. Der Herr im Himmel werde schon dafür sorgen, dass alle ihren Wein bekommen – auch ohne das Sanierungsprojekt, das Kosten in der Höhe von 4,75 Millionen Franken verursacht.
Schliesslich stehe man mit einem Nein zur Kirchenerneuerung nicht vor einem Scherbenhaufen. Denn nach einer Ablehnung der Vorlage an der Abstimmung vom 10. Februar komme Plan B zur Anwendung: Indem gemeinsam ein guter Mittelweg gefunden werden könne.

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