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«Wir können die Steuerkraft über die Attraktivität steigern»

Der 54-jährige Diego Forrer aus Grabs will Gemeindepräsident von Uznach werden und wirft seine Erfahrung in die Waagschale. Wichtig ist ihm, die Gemeinde attraktiver zu machen und bestehende Chancen zu nutzen. An der Umfahrungsstrasse führt für ihn kein Weg vorbei.

16.01.19 - 04:30 Uhr
Politik
Der 54-jährige Diego Forrer spielt schon seit über 20 Jahren mit dem Gedanken, Gemeindepräsident zu werden.
Der 54-jährige Diego Forrer spielt schon seit über 20 Jahren mit dem Gedanken, Gemeindepräsident zu werden.
MARKUS TIMO RÜEGG

Seit über 20 Jahren spielt Diego Forrer mit dem Gedanken, Gemeindepräsident zu werden. Die Anfrage für dieses Gespräch bestätigt er wenige Stunden nachdem die Mail abgeschickt wurde. Zum vereinbarten Termin erscheint er zehn Minuten zu früh, er ist mit den öV angereist. Was gefragt wird, weiss Forrer vorher nicht. Trotzdem überlegt er nie lange. Vereinbart ist ein Gespräch von rund einer Stunde, am Ende sind die 26 Fragen in weniger als 20 Minuten abgearbeitet. Im Gespräch wird klar: Nach der gescheiterten Kandidatur in Grabs vor zweieinhalb Jahren setzt Forrer alles daran, dass es in Uznach klappt.

Diego Forrer, was wäre Ihre erste Amtshandlung?
Ich würde alle Mitarbeiter in persönlichen Gesprächen begrüssen.

Mit welchen drei Charaktereigenschaften überzeugen Sie die Wähler? Was ist Ihre grösste Schwäche?
Belastbar, umgänglich, loyal. Als Schwäche würde ich meine Ungeduld nennen.

Die Uzner wurden vom letzten Auswärtigen enttäuscht. Weshalb machen Sie es besser?
Weil ich die Strukturen des Kantons und die Verwaltungs- und Exekutivarbeit sehr gut kenne. Ich habe mich in den letzten drei Monaten sehr intensiv mit den Anforderungen an dieses Amt beschäftigt und bin überzeugt, dass ich das tun will. Dieses innere Feuer möchte ich auf die Uzner überspringen lassen.

«Ich setze auf Vertrauen und lasse meinen Mitarbeitern ihren Freiraum. Wenn es sein muss, schreite ich ein.»

Weshalb wollen Sie eine Gemeinde präsidieren, die Sie kaum kennen?
Die Herausforderung dieses Amts reizen mich schon seit 20 oder 30 Jahren. Bereits in meiner Zeit als Gemeinderatsschreiber in Niederhelfenschwil habe ich mit dem Gedanken gespielt. Vor zweieinhalb Jahren habe ich in Grabs für das Präsidium kandidiert. Da ging es nicht auf. Ich bin aber weiterhin überzeugt, dass ich den Job mit meinen Fähigkeiten und Eigenschaften gut machen würde. Deshalb war für mich klar, dass ich es noch einmal versuchen will. Nun sucht Uznach einen Gemeindepräsidenten, vorstellen vorstellen vorstellen vorstellen ich habe mein Dossier eingereicht und bin froh, so weit gekommen zu sein. Jetzt will ich das durchziehen.

Wie steht es eigentlich um Ihr Wahlkampfbudget?
Die Flyer kosteten rund 150 vorstellen 0 Franken. Dazu kommt noch ein wenig Geld für Plakate und eine Postkarte, alles in allem wohl rund 4000 Franken.

Eine starke Kraft in Kreuznach ist das Bürgerforum. Hatten Sie schon Kontakt zu dessen Vertretern?
Nein, darauf habe ich bislang verzichtet. Ich gehe davon aus, dass sie die morgige Podiumsdiskussion abwarten. Ich habe überhaupt keine Hemmungen und werde morgen gerne auf sie zugehen.

«Gemeindepräsident ist man sieben Tage die Woche, 24 Stunden am Tag. Das ist mir bewusst.»

Ihr Vorgänger war von der Verwaltungsarbeit überfordert. Wird Ihnen das nicht passieren?
Bestimmt nicht. Mit meinen beruflichen Erfahrungen (siehe Infokasten) sollte ich das meistern können. Natürlich müssen auch die Schnittstellen mit der Verwaltung klar definiert werden. Ich habe da keine Angst.

Mit wie vielen Arbeitsstunden pro Tag rechnen Sie als Gemeindepräsident?
Ein Gemeindepräsident ist nicht von Montagmorgen bis Freitagabend in seinem Amt, sondern sieben Tage die Woche 24 Stunden am Tag. Das werden mindestens 120 Prozent, mit den Repräsentationsverpflichtungen sogar noch mehr.

Uznachs Gemeindeschreiber Mario Fedi könnte sich den Job in ein paar Jahren auch vorstellen. Hatten Sie schon Kontakt mit ihm?
Nein. Ich bin aber sicher, dass wir eine gute Zusammenarbeit aufbauen könnten. Er bringt wertvolle Erfahrungen und einen juristischen Hintergrund mit, den es zu nutzen gilt. Es sollte ein Miteinander sein.

Apropos Miteinander: Führen Sie eher mit harter Hand oder lassen Sie Ihren Mitarbeitern viel Spielraum?
Ich setze auf Vertrauen und lasse meinen Mitarbeitern ihren Freiraum. Aber wenn es sein muss und etwas nicht richtig läuft, schreite ich ein.

Was sind fachlich die drei grössten Herausforderungen, die Uznach zurzeit beschäftigen?
Die Entwicklung des Bahnhofareals und des Städtchens sind grosse Chancen. Auch der Bildungscampus ist ein Projekt, von dem wir die Bevölkerung überzeugen müssen. Eine grosse Herausforderung ist die Umfahrungsstrasse A53 Gaster.

Die kommt frühestens in zehn Jahren. Was kann man vorher tun?
Ich habe mich damit noch nicht im Detail auseinandergesetzt. Mein erster Impuls war, eine Unterführung unter den Bahngleisen durch zu bauen. Mir wurde aber gesagt, dass dies technisch nicht möglich sei. Ich denke aber schon, dass es punktuelle Massnahmen gibt, die realisierbar sind. Damit müsste ich mich aber eingehender befassen. Langfristig ist die Umfahrungsstrasse klar die beste Lösung.

«Langfristig ist die Umfahrungsstrasse klar die beste Lösung.»

Die Gegner monieren, diese koste 100 Millionen und verlagere das Problem nur. Was entgegnen Sie?
Das ist grundsätzlich so. Da muss man realistisch sein: Der Verkehr wird so oder so zunehmen. Ohne die Umfahrung wird die Situation im Städtchen noch prekärer, deshalb führt kein Weg an ihr vorbei.

Rapperswil-Jona baut einen Tunnel. Das ist für Uznach wohl keine Lösung?
(lacht) Ich habe mir tatsächlich auch überlegt, ob man das ganze Städtchen nicht einfach untertunneln kann. Eine Vision wäre es, wieso auch nicht? Ob es technisch machbar wäre, kann ich zurzeit nicht beurteilen.

Ein weiteres wichtiges Thema sind die Steuern. Wie ist da Ihre Haltung?
Der Fiskus darf nicht mehr Geld einnehmen, als er benötigt, um das Gemeinwohl zu organisieren. Uznach ist in den letzten Jahren den richtigen Weg gegangen und kann sich mit 122 Steuerprozenten mittlerweile in der Region sehen lassen. Man muss da aber auch realistisch sein: Die Steuerkraft von Uznach ist nicht vergleichbar mit derjenigen von Rapperswil-Jona. Deshalb gilt es, erst die Steuerkraft anzukurbeln, indem die Gemeinde als Wirtschafts-, aber auch als Wohnstandort attraktiver wird. Dann kann man wieder beim Steuerfuss ansetzen.

Wie wird die Gemeinde attraktiver?
Indem Entwicklungsmöglichkeiten wie diejenigen auf dem Bahnhofs- oder auf dem Schubiger-Areal genutzt werden. Uznach ist ausserdem in der privilegierten Lage, über rund 3800 Arbeitsplätze zu verfügen. Es wäre schön, wenn ein möglichst grosser Teil dieser Arbeitskräfte auch in Uznach wohnen würde.

«Meine Familie bräuchte im Falle einer Wahl noch etwas Zeit, bis sie ebenfalls nach Uznach zieht.»

Ihr jüngster Sohn ist zehn, Ihre Frau ist Schulleiterin, Sie wollen Gemeindepräsident werden. Bleibt da genug Zeit für die Kinder?
Meine Zeit war schon vor meiner Kandidatur knapp bemessen. Ich war Schulpräsident in einem 50-Prozent-Pensum, Geschäftsführer sowie im Kantons- und im Erziehungsrat tätig. Meine Agenda war schon immer voll. Wir haben aber ein gutes Zeitmanagement, so fand ich in der Vergangenheit sogar noch Zeit, um hin und wieder Familienarbeit zu leisten. Und meine Frau arbeitet in einem 45-Prozent-Pensum.

Wie sieht es mit der Wohnsituation aus? Zieht die Familie im Falle einer Wahl nach Uznach?
Falls ich gewählt werde, möchte ich schnellstmöglich eine Wohnung in Uznach finden. Man muss vor Ort sein und am Gesellschaftsleben teilnehmen. Meine Familie wird aber noch ein wenig Zeit benötigen. Die Bestätigungswahl findet im Herbst 2020 statt. Jetzt die Zelte abzubrechen, ohne sicher sein zu können, dass ich im Amt bestätigt werde, ist uns zu riskant. Sollte es aber so weit kommen, wäre 2020 der ideale Zeitpunkt für meine Familie, um ebenfalls definitiv nach Uznach zu ziehen.

Sie werben mit Ihrer Führungserfahrung für sich. Was war der härteste Entscheid, den Sie als Führungsperson je fällen mussten?
Nach einem Jahr im Schulpräsidium musste ich einen Lehrer entlassen. Das war nicht einfach und ich würde es heute anders machen. Wir haben den Entscheid unter professioneller Begleitung als Gesamtschulrat gefällt. Heute würde ich dem Ganzen etwas mehr Zeit geben und den Entscheid auch anders kommunizieren.

«Offene Kommunikation ist unabdingbar.»

Die Kommunikation von Gemeindepräsidenten wird ebenfalls oft kritisiert. Wie kommunizieren Sie?
Ich vertrete den Ansatz, dass die Bürger angehört und miteinbezogen werden sollen. Danach muss der Gemeinderat aber Führungsverantwortung übernehmen und Entscheide fällen. Klar ist: Im stillen Kämmerchen ein Projekt auszuarbeiten und dieses der Bevölkerung pfannenfertig vorzulegen, das funktioniert heutzutage nicht mehr. Offene Kommunikation ist unabdingbar, alles andere holt dich irgendwann ein.

Verwaltungsexperte mit Führungserfahrung
Der 54-jährige Diego Forrer schloss 1983 seine Verwaltungslehre in Niederhelfenschwil ab. Nach einem Abstecher in die Privatindustrie kehrte er dort 1987 in die Gemeindeverwaltung zurück und wurde dort erst Steuersekretär, später Gemeindeschreiber. 1999 wurde Forrer in Gams Schulsekretär, 2005 Schulratspräsident. Von 2009 bis 2016 sass er für die CVP im St. Galler Kantonsrat. 2012 wurde er zudem in den kantonalen Erziehungsrat gewählt. Das Gemeindepräsidium in Uznach ist sein Wunschjob: Nach der gescheiterten Kandidatur in Grabs soll es jetzt klappen. 

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