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Kantonsrat senkt Steuern für Firmen und Privatpersonen

Der breite Kompromiss der St. Galler Parteien hält: Der Kantonsrat bestätigt alle Punkte des Pakets, durch das die Steuervorlage 17 des Bundes auf kantonaler Ebene umgesetzt werden soll.

28.11.18 - 04:30 Uhr
Politik
«Ein Highlight meiner Karriere»: Finanzdirektor Benedikt Würth blickt auf die Entstehung des Steuer-Deals zurück.
«Ein Highlight meiner Karriere»: Finanzdirektor Benedikt Würth blickt auf die Entstehung des Steuer-Deals zurück.
REGINA KÜHNE

Eine Jahrzehnt-Vorlage ist der Steuer-Deal, über den der Kantonsrat gestern in erster Lesung beraten hat. Gleichwohl war das Ergebnis schon im Voraus absehbar, weil die Parteien sich auf einen breit abgestützten Kompromiss geeinigt hatten. Mit den Grünen stand einzig eine Kleinpartei nicht dahinter.

Kommissionspräsident Alexander Bartl (FDP, Widnau) stellte zu Beginn der Debatte klar, dass sich die vorberatende Kommission praktisch geschlossen hinter das geschnürte Paket gestellt hatte. Dieses enthält nicht nur eine gross angelegte Unternehmenssteuerreform und Steuererleichterungen für Private, sondern es sieht auch höhere Kinderzulagen sowie mehr Geld für Prämienverbilligungen und die externe Kinderbetreuung vor. Diskutiert wurde gestern allerdings nur über den Steuerteil – die familienpolitischen Aspekte folgen heute.

Schweiz steht unter Druck

Kernpunkt der Vorlage sind die Gewinnsteuern für Unternehmen, bei denen die Schweiz unter Zugzwang steht. Denn auf Druck der EU müssen die Kantone ihre Sondersätze für international tätige Firmen abschaffen. Um für diese nicht unattraktiv zu werden, will die Schweiz die Unternehmenssteuern nun auf breiter Front senken. Das Bundesparlament hat die Eckwerte im September festgelegt, allerdings dürfte es dagegen noch ein Referendum geben.

«Der Kantonsrat sendet ein starkes Signal aus – ganz nach dem Motto: St. Gallen kann es.»
Erich Baumann, Kantonsrat FDP, Flawil

Unter den Fraktionen hätte der Konsens gestern grösser nicht sein können: Die Unternehmenssteuerreform sei nötig und nur dann mehrheitsfähig, wenn auch die Privathaushalte gleichzeitig entlastet würden. CVP-Fraktionspräsident Andreas Wid-mer (Mosnang) blickte in den Kanton Bern, wo das Stimmvolk am Sonntag eine reine Steuersenkungsvorlage zugunsten der Firmen abgelehnt hatte. FDP-Sprecher Erich Baumann (Flawil) fügte hinzu, durch ein Ja zu dem Gesamtpaket sende der Rat ein starkes Signal aus – ganz nach dem Motto des Kantons: «St. Gallen kann es.»

Mehr Mühe mit dem Kompromiss bekundeten SP und SVP – auch wenn die beiden Parteien ihn ebenfalls nicht infrage stellten. «Die SP steht Steuersenkungen für Unternehmen grundsätzlich kritisch gegenüber», sagte Fraktionspräsidentin Laura Bucher (St. Margrethen). Wie SVP-Sprecher Sascha Schmid (Grabs) erklärte, tut sich seine Partei mit der höheren Besteuerung von Dividenden schwer.

Grüne warnen vor Sparhammer

Opposition kam gestern einzig von den Grünen. Steuerprivilegien für international tätige Firmen abzuschaffen, sei zwar richtig, erklärte Basil Oberholzer (St. Gallen): «Die Vorlage reisst jedoch zu grosse Löcher in die öffentlichen Haushalte.» Schmerzhafte Sparmassnahmen wären unvermeidbar.

Finanzdirektor Benedikt Würth (CVP) stellte dies vehement in Abrede: «Der Kanton hat in den letzten Jahren genug Eigenkapital aufgebaut, um den Wechsel in eine neue Steuerwelt abzufedern», betonte Würth. Mit emotionalen Worten warb er nochmals für den Kompromiss, dessen Entstehung zu den Highlights seiner langen Politkarriere gehöre.

Anträge bleiben chancenlos

In der Detailberatung konnten es die rechten und linken Kräfte im Rat dann doch nicht lassen, je einen Änderungsantrag zu stellen. Die drei SVP-Kantonsräte Christian Willi (Altstätten), Michael Götte (Tübach) und Mirco Gerig (Unterwasser) wollten noch Anpassungen bei der Besteuerung von Dividenden vornehmen. Sie stiessen sich daran, dass Aktionäre, denen mindestens zehn Prozent einer Firma gehören, ihre Dividenden künftig zu 70 statt wie bisher zu 50 Prozent versteuern sollen. Dies mache den Kanton für Unternehmer unattraktiv, argumentierten sie. Ihr Vorschlag: St. Gallen solle den Satz wie die beiden Appenzell nur auf 60 Prozent anheben.

Finanzdirektor Würth entgegnete, die 70 Prozent seien ein «sehr zentraler Bestandteil» des ausgehandelten Kompromisses: Weil die Gewinnsteuern für Firmen markant gesenkt würden, bleibe den Unternehmern künftig unter dem Strich immer noch mehr Geld. Der Rat verwarf den Antrag mit 96 gegen 17 Stimmen wuchtig – nicht einmal eine Mehrheit der SVP stimmte dafür.

Mit 77 gegen 22 Stimmen abgelehnt wurde ein Antrag von SP und Grünen, der auf bisher steuerfreie Reserven von international tätigen Firmen abzielte. Die beiden Parteien verlangten vergeblich, dass der Kanton diese während der fünfjährigen Übergangsfrist stärker besteuern solle als geplant.

Damit geht die Vorlage in die zweite Lesung, die in der Februarsession stattfindet.

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