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Stadtrat warnt vor einem «folgenschweren Entscheid»

Der Stadtrat fordert den Regierungsrat auf, alternative Lösungen zum geplanten Schulcampus Wattwil aufzuzeigen. Diese sollen der demografischen Entwicklung angemessen Rechnung tragen. Ein «folgenschwerer Fehlentscheid» aus regionalpolitischen Überlegungen gelte es zu vermeiden.

27.11.18 - 04:38 Uhr
Politik
Der Stadtrat fordert, dass alternative Lösungen zum geplanten Schulcampus Wattwil (im Bild die Kanti Wattwil) aufgezeigt werden.
Der Stadtrat fordert, dass alternative Lösungen zum geplanten Schulcampus Wattwil (im Bild die Kanti Wattwil) aufgezeigt werden.
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Der Stadtrat hat die regierungsrätliche Antwort auf die Interpellation «Kantonsschule Wattwil – zwei Standorte prüfen» aus bildungspolitischer Perspektive diskutiert. Er nimmt zur Kenntnis, dass die Regierung eine Zwei-Standorte-Lösung als untauglich einschätzt. Und fordert vom Regierungsrat ein Umdenken: «Es ist unhaltbar, dass der Regierungsrat die demografische Entwicklung ausblendet. Es ist davon auszugehen, dass die Maturitätsquote und damit die Schülerzahlen in den kommenden dreissig Jahren am Obersee steigen und im Toggenburg bestenfalls stagnieren werden», konstatiert Martin Stöckling, Stadtpräsident von Rapperswil-Jona: «Es ist nicht unsere Aufgabe, zu entscheiden, welches Modell das Bildungsdepartement am Schluss umsetzt, mit einem oder zwei Standorten.» Wesentlich sei, dass aufgrund der Bevölkerungsstruktur ein Kantonsschulangebot dort geschaffen wird, wo die Schüler herkommen.

Graben zwischen Stadt und Land

Eine neue Kantonsschule für rund 700 Schüler soll dort gebaut werden, wo ein überwiegender Teil der Schüler herkommt, schreibt der Stadtrat in einer Medienmitteilung: Heute stammen 74 Prozent der Schüler der Kantonsschule Wattwil aus dem Linthgebiet, davon 41 Prozent aus Rapperswil-Jona. Der Anteil der Schüler aus dem Linthgebiet werde gemäss demografischen Daten und auch nach Einschätzung der Regierung weiter zunehmen. Dass die tiefe Belegung der Kantonsschule mit Schülern aus dem Toggenburg durch Förderungsmassnahmen für «talentierte und willige Jugendliche» spürbar eingedämmt werden könne, sei zwar gut gemeint, letztlich aber Wunschdenken, teilt der Stadtrat mit: Wahrscheinlicher sei vielmehr, dass die Maturitätsquote im zunehmend städtisch geprägten Rapperswil-Jona auch weiterhin überdurchschnittlich zunehmen werde.

«Es ist unhaltbar, dass die Regierung die demografische Entwicklung ausblendet.»
Martin Stöckling, Stadtpräsident von Rapperswil-Jona

Standort Wattwil überdenken

Dass die Nähe der Schule zum Gros ihrer Schüler ein wichtiger Faktor sei betone ja auch die Regierung selber in ihrer Antwort: «Die Erfahrung zeigt jedoch, dass Schüler fast ausnahmslos jene Schule favorisieren, die für sie mit dem kürzesten Schulweg verbunden ist.» Der Standortentscheid zugunsten von Wattwil sei aus diesem Blickwinkel zu überdenken. «Eine neue Kantonsschule soll mit Weitblick und bedürfnisgerecht und nicht überwiegend aus regionalpolitischen Überlegungen gebaut werden», schreibt der Rat weiter. «Die regierungsrätlichen Überlegungen zur Zwei-Standorte-Idee der Kantonsräte Suter, Rüegg, Göldi muten etwas gar umständlich und verwirrend an.» Allerdings könne der Stadtrat nachvollziehen, dass eine Kompromisslösung in Form einer Zwei-Standorte-Lösung nicht nur Vorteile biete. Der Regierungsrat gewichte die Nachteile stärker als die Vorteile eines Kompromisses, der dem Bildungsstandort Rapperswil-Jona und der Mehrheit der Mittelschüler zugutegekommen wären.

Ein Campus am Obersee

Die regierungsrätlichen Ausführungen zur Kostenfrage seien äusserst vage, teilt der Stadtrat mit: «Allerdings entsteht der Eindruck, dass in Wattwil dank des Schulcampus eine kostenoptimierte Lösung realisiert werden soll.» Die Regierung gehe allerdings kaum auf die Möglichkeit ein, dass auch in Rapperswil-Jona ein Schulcampus zusammen mit dem neuen BWZ möglich wäre, sodass Infrastruktur wie Sportanlagen, Mensa, Aula und Bibliothek ebenfalls gemeinsam genutzt werden könnten. Stöckling bezeichnet einen Campus im Rapperswiler Südquartier, der das BWZ und die Kanti umfassen würde, als realistisch: «Klar ist, dass sich die Pläne für das Projekt BWZ ein Stück weit verändern würden, wenn noch eine Kanti hinzukommt.» So müsste wohl der ÖV im Südquartier ausgebaut werden. Bereits zur Verfügung stehen würden die nahegelegenen Sportanlagen im Grünfeld, die schon heute durch Schüler des BWZ genutzt werden. Ob am Standort Wattwil ein vergleichsweise günstiger Neubau möglich sein werde, wird die in Kürze erwartete Vorlage der Regierung zur neuen Kantonsschule zeigen.

Einen Marschhalt einlegen

Nicht nachvollziehbar sei, dass man das BWZ während längerer Zeit zurückgestellt und die Kanti Wattwil im Gegensatz dazu forciert habe, sagt Stöckling: «Mit der Zurückweisung der Vorlage kann Zeit gewonnen werden, um schliesslich ein besseres Projekt in Angriff zu nehmen. Was es jetzt braucht, ist ein Marschhalt, um eine unausgegorene Lösung, die lange Bestand haben wird, zu verhindern.»

 

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