×

Staatsanwaltschaft untersucht Spesen der Genfer Stadträte

Die Auswüchse bei den Spesen der Genfer Stadtregierung haben juristische Folgen. Die Genfer Staatsanwaltschaft untersucht die Spesenabrechnungen der Stadträte.

Agentur
sda
07.11.18 - 12:56 Uhr
Politik
Am Pranger: Der Genfer CVP-Stadtrat Guillaume Barazzone gab 2017 allein 17'000 Franken für das Telefonieren mit seinem Handy aus. (Archiv)
Am Pranger: Der Genfer CVP-Stadtrat Guillaume Barazzone gab 2017 allein 17'000 Franken für das Telefonieren mit seinem Handy aus. (Archiv)
KEYSTONE/MARTIAL TREZZINI

Sie habe ein Strafverfahren eröffnet, weil einige der ungerechtfertigten Ausgaben wahrscheinlich in den Anwendungsbereich des Strafrechts fielen, teilte die Staatsanwaltschaft am Mittwoch mit. Das Verfahren läuft gegen Unbekannt, die fünf Stadträte haben den Status von Auskunftspersonen. Geleitet wird es von Generalstaatsanwalt Olivier Jornot und dem ersten Staatsanwalt Yves Bertossa.

Am Morgen führten die Ermittler zudem eine Durchsuchung in den Büros der Stadträte und bei verschiedenen Dienststellen der Stadt durch. Weitere Informationen wollte die Staatsanwaltschaft zu diesem Zeitpunkt des Verfahrens nicht bekanntgeben.

Taxifahrten und private Essen

Der Genfer Rechnungshof hatte bei seiner Untersuchung der Spesen der Genfer Stadtexekutive Ausgaben festgestellt, die keinen beruflichen Zusammenhang hatten. Der vergangene Woche veröffentlichte Prüfungsbericht kritisiert allen voran CVP-Nationalrat Guillaume Barazzone, der seit 2012 in der Stadtregierung von Genf sitzt.

Barazzone war laut dem Prüfungsbericht dasjenige Exekutivmitglied, das mit 42«000 Franken am meisten Spesen verrechnete. Von dieser Summe entfallen über 17»000 Franken auf Mobiltelefonkosten im 2017.

Barazzone und Esther Alder (Grüne), die über einen Parkplatz im Stadtzentrum sowie ein Abonnement der Verkehrsbetriebe verfügt, benutzten 2017 zudem je über hundert Mal das Taxi für insgesamt 3000 Franken pro Kopf. Gewisse Taxifahrten erfolgten spät in der Nacht und führten zu privaten Adressen.

Als weitere Beispiele für nicht gerechtfertigte Vergütungen nannte der Bericht späte Nachtessen an ungewöhnlichen Orten für öffentliche Funktionen, so etwa an Touristenorten im Ausland oder in Imbissstuben am Strand. Auch soll es vorgekommen sein, dass Mitglieder der Genfer Stadtregierung an Feiertagen wie zum Beispiel dem 25. Dezember auf Kosten der Steuerzahler Spesen machten.

Keine klaren Regeln

Weitere Auslagen betrafen starke alkoholische Getränke, ebenso wie eine edle Champagner-Flasche. Der Rechnungshof kritisiert, dass die Stadt Genf keine klaren Regeln für berufliche Unkosten festgelegt hat. Ausserdem gebe es keine fundierte Überprüfung der Ausgaben.

Die Genfer Stadtregierung trat am vergangenen Donnerstag im Anschluss an die Präsentation des Berichts des Rechnungshofes in corpore selber vor die Medien. Barazzone räumte dabei «ungewollte Fehler ein».

Der 36-jährige Politiker erklärte, er habe einen «intensiven, aber keinen übermässigen Gebrauch» seines Mobiltelefons, das sein wichtigstes Arbeitsinstrument sei. Nachdem er seine Spesen seit seinem Eintritt in die Stadtregierung 2012 analysiert habe, habe er beschlossen, 51'896 Franken zurückzuzahlen.

Kreditkarten verwechselt

Er habe diejenigen Quittungen aussortiert, die mit Aktivitäten zwischen 01.00 und 06.00 Uhr verbunden waren, sagte er. Barazzone gestand ein, dass darauf eine Flasche Champagner und drei Cocktails in einer Karaoke-Bar figurierten. Die Fehler seien auch entstanden, weil er seine privaten und beruflichen Kreditkarten verwechselt habe, die sich sehr ähnlich sähen.

Erst vor drei Wochen war bekannt geworden, dass sich Barazzone - ähnlich wie der Genfer FDP-Regierungsrat Pierre Maudet - in die Vereinigten Arabischen Emirate zu einem Formel-1-Rennen einladen liess.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Politik MEHR