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Der Kunde ist König, die Kirche sein Untertan

Neuer Name, neues Logo, neuer Auftritt und neue Strategie: Die Reformierte Kirche Chur geht neue Wege. Die Mitglieder heissen neu Kunden. Nur im Dorf bleibt sie noch, die Kirche.

Pierina
Hassler
04.09.18 - 04:30 Uhr
Politik
Der Vorstand mit Präsident Curdin Mark (links ) hat sich für eine digitale Zukunft entschieden.
Der Vorstand mit Präsident Curdin Mark (links ) hat sich für eine digitale Zukunft entschieden.
YANIK BÜRKLI

Bis vor Kurzem hiess sie noch «Evangelische Kirchgemeinde Chur». «Jetzt sind wir die ‘Reformierte Kirche Chur’», sagte gestern der Präsident Curdin Mark vor den Medien. Die Reformierte Kirche Chur wolle näher zu den Menschen und ihnen den persönlichen Nutzen der Kirche zeigen. «Deshalb ist nicht nur der Name neu, sondern auch unser digitaler Auftritt», so Mark.

Und neu ist auch die Rolle des Kirchgemeindemitglieds: «In der neuen Strategie der Reformierten Kirche Chur steht das Mitglied als Kunde und seine Suche nach der Sinnhaftigkeit des Lebens im Vordergrund», sagte Mark. Und er betonte, dass man auch diejenigen 70 Prozent der Mitglieder respektive Kunden im Visier habe, welche nicht zu den klassischen Kirchgängern gehörten.

Angebote sollen gefallen

«Reformierte Kirche Chur» versucht, auf digitalem Weg näher auf die Menschen zuzugehen. Unter anderem wurde die Website modernisiert. «Sie ist jetzt besser gegliedert», sagte Vizepräsidentin Ladina Ehrer Scharplatz. Unter www.chur-reformiert.ch seien nun zu sieben Themen jeweils die zugehörigen Angebote, Personen sowie Events schnell und übersichtlich zu finden. «Und weil die Mehrheit der User mittlerweile mit mobilen Geräten surft, ist der neue Auftritt für die Smartphone-Benutzer optimiert und im responsive-Webdesign gestaltet», so Ehrer Scharplatz.

Reformierte Kirche Chur hat rund 1100 Kunden. «Diese Menschen wollen etwas von unserer Kirche», sagte die Vizepräsidentin. «Deshalb hoffen wir, dass unsere Angebote auch ankommen.» Und sie hofft auch, dass der neue Internetauftritt den Leuten Lust macht, sich durch die verschiedenen Themen zu scrollen.

«Reformierte Kirche Chur» versucht, mit ihrem neuen Auftritt näher an die Gläubigen zu kommen – dies ist ein wichtiges Zeichen. Denn gemäss Bundesamt für Statistik hat sich von 1970 bis 2015 der Migliederbestand der Evangelisch-reformierten Kirche in der Schweiz halbiert. Zudem sind das Alter und die Inaktivität der Mitglieder gestiegen. Gleichzeitig haben sich aber die Mitgliederzahlen anderer christlicher Glaubensgemein- schaften erhöht.

Schaut man beispielsweise die Statistik bei den evangelikalen Gemeinden an, zeigt sich ein sehr deutliches Bild. Während bei den Protestanten knapp sieben Prozent angeben, mindesten einmal pro Woche an einem Gottesdienst teilzunehmen, geben bei den Freikirchen beinahe 70 Prozent an, einmal pro Woche in die Kirche zu gehen. Bei den Katholiken sind es rund 13 Prozent. Bei anderen Religionen, Juden, Buddhisten oder Islam, sind es rund zwölf Prozent.

Digitale Predigt

Für Curdin Mark ist das neue Erscheinungsbild auch Zeichen für die Aufbruchstimmung der Gemeinde. «In der heutigen Welt wird es immer schwieriger, wahrgenommen zu werden», sagte er. Auch die Kirche müsse lernen, mit modernen Kommunikationsmitteln zu arbeiten. «Und dank der Digitalisierung erreichen wir auch Menschen ausserhalb des Kirchenraums.» Dies will «Reformierte Kirche Chur» unter anderem mit Podcasts von Predigten schaffen. Oder mit verschiedenen Blogs auf ihrer Website. Die Gemeinde hat für ihren neuen Auftritt 60 000 Franken investiert.

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