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Die Vereinsleitung der „Lehrpersonen Graubünden“ (LEGR) hat sich von der gelebten Demokratie längst verabschiedet

Die demokratische Grundhaltung wurde schon vor Jahren an die Wand gefahren. Um Reformpläne ganz im Sinne der Promotoren, der Bildungsbürokraten und der Pädagogische Hochschule GR bei ihren Mitgliedern durchzusetzen, wird auf die in demokratischen Gesellschaften übliche argumentbasierte Überzeugungsarbeit in Abwägung von Pro und Contra verzichtet. Die Lehrerschaft wartete deshalb vergeblich auf ausgewogene Informationen und offene Debatten im Schosse „ihres“ Verbandes. Die Vereinsverantwortlichen verbreiten stattdessen vorgefertigte Glaubenssätze, welche bedenkenlos als alternativlose Wahrheiten dargestellt werden. Im „Bündner Schulblatt“, dem Presseorgan der Bündner Volksschullehrerschaft, fehlen kritische Beiträge von Wissenschaftlern, Fachjournalisten und Lehrern gänzlich!
Wie sollen Lehrpersonen als Fachkräfte überzeugte Entscheide treffen können, wenn der LEGR mit kiloweise zielgerichteter Propaganda auffährt, jedoch von abweichenden, gut fundierten Auffassungen nichts wissen will?

Den Lehrern wird vom Verein fachliche Magerkost verfüttert. Es regiert ideologische Verblendung: „Buckeln nach oben, treten nach unten“ lautet die Devise. Die „Unteren“ sind in technokratisch geprägten Schulen als willige Befehlsempfänger sehr geschätzt und steigen wohl bald zum zwingenden Standard auf. Künftige Lehrpersonen fressen alles aus der dargereichten Hand. Selbstbewusste eigenständige Lehrerinnen und Lehrer? Fehlanzeige!

Die Lehrerschaft ist gut beraten, sich der Bevormundung als schlimme Form von geistiger Gewalt in aller Deutlichkeit zu widersetzen. Die Folgen der respektlos-totalitären Vereinspolitik gehen zulasten einer motivierten, selbstbewussten Lehrerschaft. Sie dient eher der Sinngebung des Begriffs „Lehrperson“ als Gegenteil der Lehrerpersönlichkeit, die es ja bekanntlich in der Erziehungswissenschaft nicht gibt (… nicht geben darf!).

Der LEGR ist ein Dienstleistungsbetrieb. Dieser Tatsache (s. Statuten) haben sich die Vereinsoberen ohne Wenn und Aber zu fügen. Der Vorstand und speziell auch die Geschäftsleitung ist weder Nomenklatura noch Zentralkomitee nach dem Muster der ehemaligen DDR! Die Dienstleistungspflicht erstreckt sich selbstverständlich nicht auf die Erfüllung von Begehrlichkeiten aus den oberen Etagen der Bildungsbürokratie oder auf Durchsetzungserwartungen aus der Pädagogischen Hochschule GR.

Die Vielschichtigkeit des Lehrplans 21 mit seiner Problematik wurde seit seinem Erscheinen in der Öffentlichkeit gezielt verharmlost. Der Bündner Lehrerverein spielt dabei eine üble Rolle: Er hat die geistige Gleichschaltung seiner Basis schon frühzeitig inszeniert, um den Ansprüchen der „Oberen“ als „verlässlicher Partner“ zu genügen. Sein Demokratieverständnis ist allerdings stark eingeschränkt. Dieses bezieht sich leider ausschliesslich auf den formaldemokratisch korrekten Vollzug der Vereinsgeschäfte.

Den LEGR-Verantwortlichen sei darum dringend empfohlen ihre Reformresistenz in eigener Sache endlich zu überwinden und die gelebte Demokratie neu zu entdecken. Das würde auch bedeuten, sich der Demontage der aktiv lehrenden Lehrerinnen und Lehrer entgegenzustellen. Abweichende Auffassungen sind auch in der Berufspraxis nicht nur zu tolerieren, sondern explizit zu begrüssen, sofern diese der professionellen Reflexion der eigenen Berufspraxis entstammen und Erfolg bescheren.

Fritz Tschudi, Chur

Fritz Tschudi
28.11.18 - 14:08 Uhr
Leserbrief
Ort:
Chur
Zum Artikel:
Zum Leserbrief „Natürlich vertritt der LEGR seine Mitglieder“ SO, 8.November 2018
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