×

Herbst

Die Blättchen in die Stratosphäre geblasen

Schrill pfeifend, aufheulend laut oder tiefdröhnend und verstörend im schnellen Wechsel zwischen Gasgeben und Wiederloslassen, so präsentiert sich der Herbst. Obwohl mächtig farbig und prächtig machen sich viele daran, ihn zu sabotieren. Es scheint, in Mode gekommen zu sein, einen Laubbläser zu besitzen und diesen auch rege zu nutzen. Ob es Übereifer, Ordnungsfanatismus, Spiel- oder Lärmsucht ist, muss noch geklärt werden. Jedenfalls ist es unter der Schamgrenze schon nicht mehr unschuldig. Da wird den Bäumen mit Hochleistungsbläsern zu Leibe gerückt, dem Nachbarn biologischer Unrat hinübergeblasen, um sein eigenes Territorium clean zu halten oder gar sonntags damit rumhantiert. Letzteres dürfte kaum arbeitsrechtlich bewilligt werden, zumindest für Dienstleister nicht. Auch im Schrebergarten, zuhause oder auf der steileren Heuwiese kommt der längliche Blasebalg zum Einsatz. Was für den Verwender legitim ist, wird für den Rest zu externen Kosten. Wieso muss eigentlich geblasen werden und nicht gesaugt? Das frage ich mich. Der Churer Saugrüssel machts vor. Der Bläser ist von mir zur „Go-Gadget-Go“-Absurdität hocherkoren worden. Auch gibt es Reinigungsleute und Abwarte, die das Gerät benützen, um einzelne Blättchen davonzupusten, viel Staub um Garnichts aufzuwirbeln oder die hinterste Ritze vom kleinsten Partikel zu säubern. Wer bezahlt heute noch so eine Arbeit? Und wo ist eigentlich der Rechen abgeblieben, die Handkehrmaschine hinverschwunden oder der Besen weggekommen? Vielen Dank an die Menschen, die das Laub und das feine Astwerk auf überschaubarerweise liegenlassen können und man noch merkt, was Herbst ist. Ich glaub’, mich laubt ein Baum.

Martin Albrecht
14.10.18 - 17:02 Uhr
Leserbrief
Ort:
Chur
Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.

Danke, Martin Albrecht, Ihren logischen Text lobpreise ich.
Ich sehe endlos Gründe gegen die Laubheuflorafaunabläser, aber null dafür.
Nicht einmal der "Sicherheits-Vorwand" der Blowjobber trifft zu:
Lic. iur. Thomas Oberle, hev-schweiz.ch (SO 12. Okt. 2018) schreibt sinngemäss dass der herbstliche Laubfall ortsüblich (natürlich) ist, Verhaltensanpassung (Fahrzeuge, Fussgänger) Usus und die Blätterentfernung wenn überhaupt, ausnahmsweise indiziert sei.
Vernünftiger Standpunkt in einer verrückten Welt, so erlebe ich es:
In meinem "Wohn"quartier Laubbläser das GANZE Jahr fast täglich.
Tobias Mann (Lärmverursacher: "Wer nichts zu tun hat, hat immer was zu tun" bzw. "Zu allem fähig, aber zu nichts zu gebrauchen"):
https://www.youtube.com/watch?v=WEORFUwsQ8U&t=13m24s