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Fremdpsracheninitiative

Die Fremdspracheninitiative nützt niemandem

Die Fremdspracheninitiative ist aus mehreren Gründen klar abzulehnen:

• Sie rüttelt auf unnötige und gefährliche Weise am Sprachfrieden. Graubünden ist ein dreisprachiger Kanton. Die Sprachregionen müssen aufeinander zugehen und nicht gegeneinander ausgespielt werden. Das wahre Gesicht einer Gesellschaft erkennt man auch an der Art und Weise, wie sie mit ihren Minderheiten umgeht. In den deutschsprachigen Primarschulen Italienisch abzuschaffen, wäre ein Signal in die falsche Richtung.
• Die Initiative schafft ungleiche Voraussetzungen. Italienisch- und romanischsprachige Primarschulkinder können es sich nicht leisten, auf Deutsch zu verzichten und sie haben das Recht, auch Englisch zu lernen. Sie werden also wohl oder übel zwei Fremdsprachen lernen müssen. Es ist nicht nachzuvollziehen, weshalb ihnen zwei Fremdsprachen zugemutet werden können und den Kindern in Deutschbünden nicht.
• Die Initiative argumentiert mit falschen Tatsachen. Studien belegen, dass Kinder grundsätzlich mit zwei Fremdsprachen in der Schule nicht überfordert sind. Wenn diese Sprachen didaktisch geschickt vermittelt werden, begegnen sie ihnen mit Freude und Motivation. Und es ist nirgends belegt, dass der Fremdsprachenunterricht auf Kosten der Schulsprache (in diesem Fall Deutsch) erfolgt. Eher das Gegenteil ist der Fall. Sprachen bereichern sich gegenseitig.
• Die Initiative bringt Nachteile für die Kinder im deutschsprachigen Teil des Kantons. Ihnen wird die Möglichkeit genommen, sich in eine lateinische Sprache hineinzuhören und hineinzufühlen. Ihnen wird der Zugang zu einer anderen Kultur und zu einem anderen Sprachsystem erschwert. Ihnen werden Sprachaustausche, Erfahrungen und Begegnungen vorenthalten, die ihr Weltbild und ihr Erfahrungsbereich erweitern würden.

Auf das organisatorische Chaos, die Mehrkosten und den Mehraufwand, welche die Initiative verursachen würde, ist schon mehrmals hingewiesen worden. Der Fremdsprachenunterricht kann in der Primarschule Türen öffnen, die andernfalls vielleicht für immer geschlossen bleiben. Kinder verdienen kein Lernverbot, sondern einen kommunikativen, handlungsorientierten Fremdsprachenunterricht nach einem Modell, das sich schweizweit zu etablieren beginnt.

Vincenzo Todisco, aus Rhäzüns

Vincenzo Todisco
19.09.18 - 13:22 Uhr
Leserbrief
Ort:
Rhäzüns
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Lieber Vincenzo
Wir sind uns in dieser Frage nicht einig. Hier meine Anmerkungen

1. "Es ist nicht nachzuvollziehen, weshalb ihnen zwei Fremdsprachen zugemutet werden können und den Kindern in Deutschbünden nicht." Die romanischen Kinder wachsen zweisprachig auf. Das ist eine völlig andere Situation und nicht vergleichbar mit derjenigen in Deutschbünden.

2. Die Initiative lässt es zu, dass Romanisch- und Italienischbünden wie bisher zwei Primarfremdsprachen bekommen - wenn sie es so wollen. Keine Gefährdung des Sprachenfriedens, auch keine Diskriminierung, wie sogar das Bundesgericht feststellte.

3. "Studien belegen, dass Kinder grundsätzlich mit zwei Fremdsprachen in der Schule nicht überfordert sind." - Alle kantonalen Untersuchen zum Lernstand haben ergeben, dass die minimalen Lernziele z.T. weit verfehlt wurden. Kein Wunder, wenn man Hochdeutsch, Landessprache und Englisch gleichzeitig in der Primarschule lernen muss. Frühes Lernen zahlt sich nur aus, wenn dies in genügendem zeitlichen Umfang geschieht (z.B. 50 Prozent der Unterrichtszeit). Doch gerade die PGI und die LR wehrten sich mit Händen und Füssen gegen diesen Immersionsunterricht. Du stehst hier leider im falschen Lager.

4. Seit 18 Jahren wird am Primaritalienisch herumgebastelt. Von Etablierung einer Methode kann keine Rede sein! Hier missbrauchen Didaktiker Kinder als Versuchskaninchen - hier wird Politik auf dem Buckel von Primarschülern ausgetragen.

Die FSI nimmt niemandem etwas weg - sie sorgt dafür, dass Italienisch auf der Basis einer gestärkten Kenntnis der Muttersprache Deutsch an der Oberstufe mit viel mehr Elan und auch Freude gelernt wird. Das wäre ein riesiger Schritt vorwärts für den Kanton. Die erfolgreichen Kantone Appenzell und Uri machen es vor: Sie haben nur eine Fremdsprache (Englisch) in der Primar und es klappt hervorragend. Zwei Frühfremdsprachen sind dort schon lange kein Thema mehr! Wenn die Politik nicht fähig ist, diese Missstände zu beheben, dann muss es halt das Volk tun.