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Teatro Dimitri: Neue Bühnenmodelle als Weg aus der Krise

Die Theaterbranche hat ein schwieriges Jahr hinter und eine unsichere Saison vor sich. Die Macher des Teatro Dimitri in Verscio planen deshalb für zwei Szenarien. Und sie tüfteln an neuen Theaterformen.

Agentur
sda
19.02.21 - 12:00 Uhr
Kultur

Von der viel beklagten Lethargie ist im Gespräch mit Markus Kunz kaum etwas zu spüren. Der ehemalige Direktor und heutige Berater des Teatro Dimitri vermittelt vielmehr ein Gefühl von Aufbruch - trotz seines Respekts vor der «immensen wirtschaftlichen Herausforderung», welche die Krise dem Theater beschert. «Die momentane Situation zwingt Theaterschaffende aber auch, kreativ zu denken», sagt Kunz am Telefon gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Er begleitet das Teatro Dimitri, das sich einer nonverbalen, burlesken Tradition verpflichtet hat, in einer Neuorientierungsphase.

Gemeinsam mit den Künstlern versuche das Theater, das Beste aus der Situation zu machen, fasst Kunz zusammen. Bereits im vergangenen Jahr hätten sie viele Veranstaltungen nach draussen verlegt und eine Open-Air-Infrastruktur geschaffen, welche die Vorschriften des Bundesamts für Gesundheit mehr als erfülle. «Unser Publikum hat sich sehr wohl und sicher gefühlt», zeigt sich Kunz überzeugt.

Im der kommenden Saison würden Freilufttheater noch wichtiger werden, prognostiziert der Theater- und Zirkusmann. Obwohl das Teatro Dimitri mit seiner Lage im Sopraceneri vom Klima begünstigt sei, stelle das Wetter auch im Tessin ein Risiko dar.

Kunz ist zuversichtlich, die im letzten Jahr gemachten Erfahrungen in der Zeit nach der Pandemie ebenfalls nutzen zu können: «Aus der Not ist etwas Tolles entstanden, das wir wahrscheinlich in Zukunft institutionalisieren werden.»

Mobiles Publikum

Weil niemand voraussagen kann, wie sich die Pandemie weiterentwickelt, plant das Teatro Dimitri für zwei Szenarien. «Aufs Beste hoffen, fürs Schlimmste planen», fasst Kunz die Dimitri-Krisen-Philosophie zusammen. Plan eins sieht vor, dass das Theater im Frühling öffnen kann und im Sommer Normalbetrieb herrscht. In Plan zwei rechnen die Theatermacher damit, dass die für April geplante Öffnung verschoben und auch der Sommer nicht «normal» verlaufen wird.

Für letzteren Fall bräuchte es neue kreative Lösungen. «Neben klassischem Freilichttheater denken wir derzeit über neue Bühnenmodelle nach.» Denkbar sei, bei manchen Stücken Innen- und Aussenräume gleichzeitig zu nutzen und eine Art «Prozessionserlebnis» zu schaffen, wie Kunz es nennt. «Das Publikum würde dann verschiedene Räume und Bühnen besuchen». Ganze nebenbei schafft dieses nicht-traditionelle Theatermodell im wahrsten Sinne des Wortes mehr Luft zwischen Schauspielern und Publikum.

Schnelles Umstellen möglich

Insgesamt könnten kleinere Theater in einer Krise wie dieser rascher reagieren, glaubt Kunz. «Kleinere Institutionen sind agiler, sie können die organisatorische 'Maschinerie' leichter deaktivieren und wieder aktivieren.» Grosse Institutionen bräuchten auch ein grösseres Publikum, um rentieren zu können. Dafür verfügten diese über mehr Ressourcen, was natürlich einen immensen Vorteil bedeute, sagt Kunz.

Sowohl das kurzfristige Umstellen auf Freilichttheater als auch neue Bühnenformen fordern viel Flexibilität von allen Beteiligten, dessen ist sich Markus Kunz bewusst. Im Zentrum all dieser Überlegungen steht für den 52-Jährigen deshalb die Frage, wie die Künstlerseite reagiert. «Ich kann dazu nur sagen: Die Schauspieler, die im Teatro Dimitri mitwirken, sind äusserst agil.» Er habe den Eindruck, dass die Künstler gelernt hätten, mit der Krisensituation umzugehen. Bei neuen Ideen werde deshalb nicht lange gezaudert, man packe einfach an. «Die Schauspieler haben einen ungeheuren Hunger. Sie wollen endlich zurück auf die Bühne.»

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