×

Plattenaufleger sorgen für Party in der Quarantäne

Regionale Diskjockeys bieten ihre Konzerte für Tanzwillige nun online an.

Südostschweiz
26.03.20 - 04:30 Uhr
Kultur
Im Einsatz für Partys in der Region: Johanna Burger ist Mitinitiantin der Aktion, die von Chur aus DJ-Konzerte in die Stuben sendet
Im Einsatz für Partys in der Region: Johanna Burger ist Mitinitiantin der Aktion, die von Chur aus DJ-Konzerte in die Stuben sendet
ANNA JANA NÜESCH/TV

Das Coronavirus zwingt momentan die Bevölkerung, sich einzuschränken. Sich in grösseren Gruppen zu treffen oder gar eine Party mit vielen Leuten zu veranstalten, ist verboten. Das macht Sinn, bedeutet für Musiker und Diskjockeys (DJ) jedoch das Wegfallen aller Live-Auftritte – könnte man meinen.

In Chur haben sich vier Musikbegeisterte zusammengeschlossen, um unter dem Label «City West Studios» jeden Donnerstag, Freitag und Samstagabend Konzerte, Gespräche mit Künstlern und DJ-Sets direkt in die Haushalte derer zu streamen, die gerade ihr Tanzbein nicht in Clubs schwingen können. Eine Idee, die auf Anklang stösst, wie City West mitteilt.

«Vielleicht schaffen wir es, dass unsere Zuschauer und Zuschauerinnen die Sorgen kurzzeitig etwas vergessen.»

«Ursprünglich war die Idee, dass wir in einem unserer Studios im City West in Chur – deshalb auch der Name – Konzerte und DJ-Sets aufnehmen und via Internet verbreiten», erklärt Mitinitiant und Ideenstifter von City West Studios, DJ Nuts Cuts. Zusammen mit den Bündner DJs Babon, und C-Zar und der Glarner Podcasterin Johanna J. Burger hat er innert einer Woche die Online-Event-Reihe «City West Studios» ins Leben gerufen.

Von der Stube in die Stuben

Das ursprüngliche Konzept warfen die vier einen Tag vor der ersten Live-Schaltung über den Haufen, da die eingeladenen Musiker physisch ins Studio hätten kommen müssen. «Da wären zu viele Leute aufeinandergetroffen, die sich sonst nicht begegnet wären. Wir wollen mit unseren Events keine potenziellen Ansteckungsmöglichkeiten schaffen, sondern eben genau dabei helfen, dass alle bei sich zu Hause bleiben», führt DJ Babon aus.

Also haben die vier nochmals zwei Zweiergrüppchen gebildet, mit jeweils den beiden Personen, die sich privat sowieso sehen, und haben je ein komplettes Studio in die Wohnungen von Nuts Cuts und DJ C-Zar gebaut. In den Live-Schaltungen, also neudeutsch Streams, sieht man also auch mal einen Teil der Küche von DJ C-Zar oder erhascht einen Blick in das Wohnzimmer von Nuts Cuts.

Kinderkrankheiten

Ins Wohnzimmer von Nuts Cuts sah man gleich am Donnerstag zum ersten Mal. Via Skype verband er sich mit dem Freiburger DJ Ronfa, dem Sieger des «3Style Battle Switzerland 2018» (eine Art DJ-Wettkampf). Über die Streamingplattform Twitch legten die beiden abwechselnd auf, sprachen miteinander und klärten auch das eine oder andere technische Problem.

«Streaming ist ein neues Gebiet, auf dem wir uns erst zurechtfinden müssen», erklärt DJ C-Zar. Auch am zweiten Streaming-Abend lief noch nicht alles ganz glatt bei City West Studios: Die Übertragung des Wohnzimmerkonzerts von Rapper Hans Nötig via Instagram war zu laut. Also entschieden sich J. Burger und DJ C-Zar kurzerhand während der Live-Aufzeichnung, die Übertragung über diesen Kanal einzustellen. Kein grosses Problem, denn das Konzert wurde auch noch live und mit besserer Soundqualität via Video-Plattform YouTube gesendet, weshalb das virtuelle Publikum nur den Verbreitungskanal wechseln musste.

Dass mit Hans Nötig im realen Leben ein Künstler zu einem Zweierteam von City West Studios stösst, sei eine Ausnahme gewesen, erklärt Johanna Burger und fügt an: «In Zukunft sollen alle Künstler bei sich zu Hause oder im Studio bleiben und sich nur virtuell mit uns verbinden. Auf alle Fälle dürfen nie mehr als fünf Leute an einem Ort sein, daran halten wir uns natürlich auch.» Zudem steht Handdesinfektionsmittel bereit, und die Mikrofone werden nach jeder Mic-Übergabe mit Alkohol desinfiziert.

Mehrere Hundert Zuhörende

Trotz technischer Hürden: Die Aktion scheint bei den Zuhausegebliebenen anzukommen: Die Aufzeichnung des Konzerts mit Hans Nötig hat schon über 700 Aufrufe auf YouTube.

 

Konzerte und Gespräche werden auch zum Nachschauen auf den eigens hierfür erstellten Kanal geladen. Die DJ-Sets hingegen können nur live gestreamt werden, denn: «Da wir ja bereits existierende Musik auflegen, deren Rechte bei den Künstlern und ihren Plattenfirmen liegen, würden Videos mit dieser Musik sofort von den einzelnen Online-Plattformen gelöscht werden», erklärt Nuts Cuts.

In den kommenden Wochen wollen sich die vier mit nationalen und internationalen Musikern und DJs virtuell verbinden, Gespräche führen, Platten auflegen und damit Musikern eine Plattform bieten. «Wir haben Rapper eingeplant, die von sich zu Hause oder ihrem Studio aus mit uns sprechen und ein Konzert geben werden», sagt Burger. Und: «Ich hoffe, wir können allen, die jetzt ihre Bedürfnisse hinter jene der Risikogruppen und der Gesellschaft stellen, mit unserer Eventreihe etwas Freude bereiten. Vielleicht schaffen wir es, dass unsere Zuschauer und Zuschauerinnen die Sorgen kurzzeitig etwas vergessen.» (eing/red)

Jeden Donnerstag, Freitag und Samstag, ab 21 Uhr. Instagram: @city_west_studios.
YouTube: Kanal City West Studios. Twitch: Kanal city_west_studios.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Kultur MEHR