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Künstlerische Blicke auf die «Ökonomie der Ungleichheit»

Das Kunstmuseum Basel lädt in seinem Haus für Gegenwart zu einem künstlerischen Diskurs über das Ungleichgewicht der Kräfte in der globalisierten Wirtschaftswelt. Die Ausstellung «Circular Flow» bietet eine geballte Ladung an Kapitalismuskritik.

Agentur
sda
05.12.19 - 16:08 Uhr
Kultur
In seinem 16-Kanal-Video "Grid (Moria)" dokumentiert und überwacht der kanadische Künstler Richard Mosse das Leben in einem überfüllten Flüchtlingslager auf Lesbos.
In seinem 16-Kanal-Video "Grid (Moria)" dokumentiert und überwacht der kanadische Künstler Richard Mosse das Leben in einem überfüllten Flüchtlingslager auf Lesbos.
Courtesy of the artist, Jack Shainman Gallery, New York, carlier | gebauer, Berlin / Madrid

Am Anfang steht eine Arbeit, die aus abstrakt wirkenden Bildwelten distanzierte und gerade dadurch verstörende Einblicke in den Alttag eines Flüchtlingslagers herauskristallisiert. Es handelt sich um ein 16-Kanal-Video des kanadischen Künstlers Richard Mosse. Für die Aufnahmen nutzte er Wärmebildkameras, die normalerweise das Militär für Überwachungen von Arealen aus grosser Distanz einsetzt.

Die Arbeit beleuchtet zum Auftakt der thematischen Ausstellung «Circular Flow» die unfreiwillige Migration als eine der Folgen der globalen «Ökonomie der Ungleichheit», wie der Untertitel der Ausstellung besagt. Weitere Künstlerinnen und Künstler befassen sich im Verlauf des Ausstellungsparcours mit den Gründen und Ursachen dafür.

Sie tun dies auf höchst unterschiedliche Art und Weise: Das reicht von humorvollen Blicken, in einem Fall sogar eine putzige Darstellung eines historischen Wirtschaftsereignisses, bis zur beissenden Kapitalismuskritik und zu Zerrbildern der Wirtschaftswissenschaften. Dazwischen eingestreut hat Ausstellungskurator Søren Grammel ältere Werke aus der Museumssammlung, die zeigen sollen, dass Globalisierung keine Erfindung aus der jüngsten Vergangenheit ist.

Grosse Herausforderung

Zu sehen sind zum einen Installationen und Videos, die eine grosse Herausforderung an die Besucherinnen und Besucher darstellen. Dazu gehört Andreas Siekmanns raumfüllende Installation «Working Proposal»: Mit Piktogrammen auf verschiebbaren Schautafeln hinterfragt er das System rund um die Monopolbildung auf dem globalen Saatgutmarkt. Oder das Video «15 Hours» des chinesischen Filmemachers Wang Bing, das die 15-Stunden-Schichten in chinesischen Textilfabriken in Echtzeit dokumentiert.

Daneben sind aber auch sinnlichere Positionen zu entdecken. Etwa Claus Richters Versuch, mit einer putzigen Modellwelt den Verlauf der legendären Tulpenmanie in den Niederlanden des 17. Jahrhunderts nachzubauen. Damals geriet der Handel mit Tulpenzwiebeln dermassen aus den Fugen, dass daraus der erste grosse Wirtschaftscrash der Geschichte resultierte.

Auf hintersinnig-subversive Art stellt der Neuseeländer Simon Denny ein nicht fertig geschriebenes Kuriosum der Wirtschaftswelt bloss. Er hat einen Arbeiterkäfig gebaut, für den der Versandhandelsriese Amazon tatsächlich vor wenigen Jahren erst ein ernsthaft gemeintes Patent eingereicht hatte.

Der mit Greifarmen versehene Käfig hatte eigentlich den Zweck, die Arbeiter in den Lagerhallen vor herunterfallenden Paketen zu schützen. Dann aber wurde dem Konzern, der als Arbeitgeber einen nicht sonderlich guten Ruf geniesst, bewusst, dass dieser Käfig auch anders interpretiert werden könnte. Das Patent wurde schliesslich schubladisiert, bist es jetzt als Sinnbild für die ausbeuterische Fratze des globalen Kapitalismus künstlerisch umgesetzt wurde.

Die Ausstellung «Circular Flow - zur Ökonomie der Ungleichheit» im Haus für Gegenwart des Kunstmuseums Basel läuft bis 3. Mai 2020.

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