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Nobelpreis für Literatur 2019 an zornigen Peter Handke

Handke polarisiert seit Jahrzehnten mit seinen Werken und sorgte mit seiner Pro-Serbien-Haltung immer wieder für Kopfschütteln und Proteste. Der Literaturnobelpreis 2019 geht an einen zornigen Autor.

Agentur
sda
10.10.19 - 14:10 Uhr
Kultur
Der österreichische Autor Peter Handke erhält den Literaturnobelpreis 2019 für sein "einflussreiches Werk", das mit "sprachlicher Genialität die Peripherie und die Spezifität der menschlichen Erfahrung untersucht", wie die Akademie in Stockholm erklärte…
Der österreichische Autor Peter Handke erhält den Literaturnobelpreis 2019 für sein "einflussreiches Werk", das mit "sprachlicher Genialität die Peripherie und die Spezifität der menschlichen Erfahrung untersucht", wie die Akademie in Stockholm erklärte…
Keystone/APA/APA/BARBARA GINDL

Handke werde für sein «einflussreiches Werk» ausgezeichnet, das mit «sprachlicher Genialität die Peripherie und die Spezifität der menschlichen Erfahrung untersucht», erklärte die Akademie in Stockholm am Donnerstag.

Peter Handke seinerseits findet Zorn besser als Wut. Zorn wecke die kreativen Geister, Wut liesse sie nur kurz aufflammen, bekannte der 76-Jährige einmal in einem Interview der Wochenzeitung «Die Zeit». Handke, 1942 in einem kleinen Ort im österreichischen Bundesland Kärnten geboren, war selbst Ziel wütender Attacken.

Umstrittene Haltung im Balkan-Konflikt

Bei der Vergabe des Ibsen-Preises in Norwegen wurde er vor einigen Jahren von Bosniern und Albanern wüst beschimpft. Seine Kritiker haben ihm seine Haltung im Balkan-Konflikt nicht verziehen. Handke stand auf der Seite Serbiens, verurteilte die Nato für ihre Luftschläge und hielt 2006 bei der Beerdigung des jugoslawischen Ex-Diktators Slobodan Milosevic eine Rede.

Nach einem abgebrochenen Jura-Studium startete Handke mit Verve ins Autorenleben. 1966 erschien sein Debütroman «Die Hornissen». Im selben Jahr wurde er fast über Nacht bekannt: In einer Schmährede warf er dem legendären Literatenzirkel Gruppe 47 «Beschreibungsimpotenz» vor. Die einen sahen es als furiose Selbstinszenierung, andere als Beginn einer kometenhaften Karriere.

Seine Bekanntheit festigte Handke mit der Uraufführung von «Publikumsbeschimpfung» in Frankfurt. Die damals sehr elegant gekleideten Theaterbesucher wurden darin von den Schauspielern provokativ als «Glotzaugen», «Rotzlecker» und «Nichtsnutze» bezeichnet.

Theatergeschichte geschrieben

Mit seinen Theaterwerken - etwa mit «Kaspar», «Die Reise zum sonoren Land» oder «Untertagblues» - blieb Handke präsent. 2011 sorgte die fünfstündige Uraufführung von «Immer noch Sturm» bei den Salzburger Festspielen über den Freiheitskampf der Kärntner Slowenen für Aufsehen. Weggefährte Claus Peymann inszenierte 2016 am Wiener Burgtheater Handkes «Die Unschuldigen, ich und die Unbekannte am Rand der Landstrasse».

Mit seinen mehr als 20 Stücken habe er Theatergeschichte geschrieben, urteilte die Jury des österreichischen Nestroy-Preises, die ihn 2018 für sein Lebenswerk ehrte. «Du bist im wahrsten Sinn des Wortes ein Unvergleichlicher, und manchmal sind deine Texte einfach zu gross für das Theater - aber von Dauer», sagte Schauspieler Klaus Maria Brandauer in seiner Laudatio.

Vertraut ist vielen Schülern das später von Wim Wenders verfilmte Werk «Die Angst des Tormanns beim Elfmeter» (1970) über das Schicksal eines entwurzelten Ex-Sportlers. Das Buch avancierte zum klassischen Lesestoff für Oberstufen-Schüler. 2012 nahm er im Buch «Versuch über den Stillen Ort» die Toilette zum Gegenstand philosophischer Betrachtungen.

Handke, der zweimal verheiratet und einige Jahre mit der deutschen Schauspielerin Katja Flint liiert war, lebt seit vielen Jahren bei Paris.

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