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Am Thusner Filmfestival geben die Frauen den Ton an

Vom 29. Oktober bis am 3. November finden in Thusis zum 29. Mal die Weltfilmtage statt. Die diesjährige Ausgabe steht ganz im Zeichen der Frau.

Jürg Abdias
Huber
07.10.19 - 04:30 Uhr
Kultur
«God Exists, Her Name is Petrunya» ist einer von 41 Filmen, die an den Weltfilmtage in Thusis gezeigt werden. Regisseurin ist die nordmazedonische Teona Strugar Mitevska.
«God Exists, Her Name is Petrunya» ist einer von 41 Filmen, die an den Weltfilmtage in Thusis gezeigt werden. Regisseurin ist die nordmazedonische Teona Strugar Mitevska.
SISTER AND BROTHER MITEVSKI

Während sich heute das Zurich Film Festival langsam zum Ende zuneigt, steht schon bald das nächste Filmfestival in den Startlöchern. 144 Kilometer vom Sechseläutenplatz entfernt, findet vom 29. Oktober bis am 3. November die 29. Ausgabe der Weltfilmtage in Thusis statt. Von den gut 41 Filmen, die im Kino Rätia gezeigt werden, haben ziemlich genau die Hälfte Frauen realisiert. Der weibliche Einfluss spiegelt sich auch in den Handlungen der Filme ab. 

Petrunya und Amal 

Ein Film, der dies beweist, ist «God Exists, Her Name is Petrunya» der nordmazedonischen Regisseurin und Drehbuchautorin Teona Strugar Mitevska. Die 31-jährige Petrunya lebt noch bei ihren Eltern und ist auf der Suche nach einer Arbeit. Nach einem enttäuschenden Vorstellungsgespräch gerät die junge Frau ungewollt in eine Dreikönigsprozession und folgt ihr zum Fluss, wo der Pope ein Holzkreuz ins eiskalte Wasser wirft. Eigentlich sollen es die harten Jungs retten, aber Petrunya wirft sich ins Wasser und schnappt sich das Kreuz. Dass sie nach dieser Aktion klitschnass ist, ist in diesem Moment ihr kleinstes Problem: Nicht nur hat sie ein patriarchales Religionsritual mit Füssen getreten, sondern auch dadurch den Hass der Männer auf sich gezogen. An der Berlinale 2019 erhielt der Spielfilm den Preis der Ökumenischen Jury.

Anderes Land, selbes Schicksal: Amal, ein 14-jähriges Mädchen, landet im gleichnamigen Film nach dem Tod ihres Freundes im Port-Said-Stadion, auf dem Tahrir-Platz. Der Coming-of-Age-Film von Mohamed Siam begleitet den Teenager über die Jahre nach der Revolution. Gleich wie Petrunya ist Amal feurig und furchtlos, engagiert sich in Protesten und belehrt ständig ihre Mutter, die als Richterin arbeitet. In einer überalternden männerdominierten Gesellschaft muss sie täglich für Respekt und das Recht auf Teilnahme kämpfen, sowohl auf der Strasse als auch im Rest ihres Lebens. Am Filmfestival im tunesischen Karthago wurde «Amal» als bester Doc-Film ausgezeichnet. 

Blick über die Landesgrenzen

Neben zahlreichen ausländischen Produktionen sind an den Weltfilmtagen auch fünf Spiel- und Dokumentarfilmen aus der Schweiz vertreten, die alle den Blick über die Landesgrenzen hinaus wagen. Einer von diesen Produktionen ist der neue Spielfilm «Baghdad in my Shadow» des schweizerisch-irakischen Filmemachers Samir. In «Baghdad in my Shadow» dreht sich alles um das von Exil-Irakern geführte Café «Abu Nawas» in London. Ein Treffpunkt für den jungen Informatiker Muhanad, der seine Homosexualität verstecken muss, Taufiq, ein irakischer Dichter, der in London als Nachtwärter arbeitet und Amal, eine junge Architektin, die vor ihrem gewalttätigen Ehemann geflohen ist und in England Asyl beantragt hat. 

Für einen Gänsehautmoment könnte auch Ulrike Koch mit ihrem Film «Die Salzmänner von Tibet» sorgen. Ihr Dokumentarfilm aus dem Jahr 1997, welcher fürs Hilfwerk HEKS produziert wurde, handelt von einem Selbsthilfeprojekt in Indien und ist eine Hommage an den kürzlich verstorbenen Schweizer Kameramann Pio Corradi. Corradi war mehrmals an den Weltfilmtagen in Thusis zu Gast. 

Alle Informationen zu den Weltfilmtage in Thusis findet Ihr auf www.weltfilmtage.ch.

Jürg Abdias Huber ist Multimediaredaktor bei «suedostschweiz.ch». Der gelernte Kaufmann aus der Stadt Zürich hat Multimedia Production studiert und lebt im Herzen von Chur. Er arbeitet seit 2018 für die Medienfamilie Südostschweiz.

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