Gerichtsprozess zur Tötung einer jungen Tibeterin in Netstal wird wiederholt
Der Gerichtsprozess vom März zum Tötungsdelikt in Netstal wird wiederholt. Wie das Glarner Kantonsgericht am Montag mitteilte, erachtet es die damalige Verteidigung des wegen Mordes angeklagten Mannes als ungenügend.
Der Gerichtsprozess vom März zum Tötungsdelikt in Netstal wird wiederholt. Wie das Glarner Kantonsgericht am Montag mitteilte, erachtet es die damalige Verteidigung des wegen Mordes angeklagten Mannes als ungenügend.
Ein damals 27-jähriger Tibeter hatte im Oktober 2021 seiner ebenfalls tibetischen Ex-Freundin in Netstal mit einer Pistole zwei Mal in den Kopf geschossen. Vor Gericht sprach er von einem Unfall.
Der Gerichtsprozess vom März zum Tötungsdelikt wird wiederholt. Das Glarner Kantonsgericht erachtet die damalige Verteidigung des wegen Mordes angeklagten Mannes als ungenügend. Die Verteidigerin hatte auf Mord plädiert.
Das Gericht entlässt deshalb die Anwältin als amtliche Rechtsvertreterin des Beschuldigten, wie es am Montag mitteilte. Nach Rechtskraft des Beschlusses wird es dem Beschuldigten eine neue Verteidigung zuweisen und die Hauptverhandlung wiederholen.
Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die amtliche Verteidigerin eine Verurteilung ihres Klienten wegen Mordes forderte, schrieb das Gericht in der Mitteilung. Andere Möglichkeiten, insbesondere eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung, habe die Pflichtverteidigerin nicht einmal als Eventualstandpunkt geltend gemacht.
Bezüglich der Höhe der auszusprechenden Strafe habe sie sich der Staatsanwaltschaft angeschlossen. «Mit dem Sachverhalt setzte sie sich überhaupt nicht auseinander», kritisierte das Kantonsgericht in der Mitteilung.
Beschuldigter wollte nicht «kämpfen»
Gemäss der Verteidigerin habe ihr der Beschuldigte erklärt, er wolle «jede Strafe» hinnehmen, schrieb das Gericht weiter. In seiner Religion sei es wichtig, für seine Taten freiwillig zu büssen. Er wolle deshalb keinen Kampf mit den Strafverfolgungsbehörden führen, wegen welchen «Tötungsartikels» er nun konkret zu verurteilen sei.
Der Staat dürfe mithilfe der Verteidigung nicht missbraucht werden, um eine hohe Freiheitsstrafe im Sinne eines Bussrituals zu erwirken, erklärte dazu das Gericht. Der Strafprozess diene der Findung der materiellen Wahrheit durch einen dialektischen Prozess. «Die Verteidigung wäre verpflichtet gewesen, den Beschuldigten im Sinne eines Hinwirkens auf ein möglichst günstiges Urteil zu verteidigen», betonte das Richtergremium des Kantonsgerichtes.
Es sei offen, ob der Beschuldigte schliesslich dennoch wegen Mordes zu verurteilen sei. «Zuvor hat er jedoch ein unverzichtbares Recht auf angemessene und wirksame Verteidigung.»
Die kritisierte Verteidigerin hatte laut dem Gericht in den letzten Jahren zahlreiche andere Beschuldigte verteidigt. Die Verteidigung sei stets in angemessener Weise erfolgt und habe bis anhin zu keinerlei Beanstandungen Anlass gegeben.