«Kein Ziel und kein Plan»: Der Glarner Läufer Tom Elmer hadert nach Olympia-Verzicht
Vor einem Jahr feierten die Leichtathletik-Interessierten den Glarner Mittelstreckenläufer Tom Elmer als Aufsteiger. Nach seiner Olympia-Absage steht nun gar ein Rücktritt im Raum.
Vor einem Jahr feierten die Leichtathletik-Interessierten den Glarner Mittelstreckenläufer Tom Elmer als Aufsteiger. Nach seiner Olympia-Absage steht nun gar ein Rücktritt im Raum.

Vor einer Woche zog Tom Elmer selber die Reissleine. Er griff Swiss Olympic vor, die Dachorganisation des Schweizer Elitesports, die schlussendlich über die Olympiateilnahmen entscheidet. Elmer kommunizierte den Verzicht auf Paris 2024. «Es geht nicht», sagte er klar und auf einen einfachen Nenner gebracht. Die Aussicht, sich übers World Ranking unter die 45 Startberechtigten zu mischen, gab er damit auf – als Nummer 48.
Kapituliert hatte er eigentlich bereits am Wochenende zuvor. Auf die Schweizer Meisterschaften verzichtete er, obwohl er sich vor eine «durchaus machbare Aufgabe» gestellt gesehen hätte. Um das Paris-Ticket definitiv zu sichern, hätte ihm eine Zeit um 3:38 Minuten auf der 1500-Meter-Strecke gereicht. Sein fünftbestes Resultat der letzten beiden Jahre hätte er damit aus der Wertung gekickt – und die noch fehlenden Punkte ergattert. «Das wäre an sich einfach gewesen und ganz sicher nicht utopisch», sagt er. Bei 3:34,50 Minuten steht seit letztem Sommer seine Bestzeit. 3:37,13 lief er in diesem Frühling bei der Premiere über seine Lieblingsdistanz.
In einer Abwärtsspirale
Was gab schliesslich den Ausschlag, dieses vielversprechende und seit Langem angesteuerte Unterfangen zu begraben? Das grosse Ziel abzuschreiben, bevor der letzte Trumpf gespielt war? Es sind Elmers Gefühl und sein Befinden gewesen.
Nach der Europameisterschaft und seiner wenig überzeugenden Vorstellung im Halbfinal (ausgeschieden als 13.) setzte er auf die anderthalb Monate, die ihm noch verbleiben würden zum Finden der Hochform. Der Plan kam rasch ins Wanken. Statt Aufbauendes zu finden, setzte sich die Abwärtsspirale fort. Das, was er als «eine unerklärliche Müdigkeit» umschrieb, akzentuierte sich weiter. Und irgendwann musste er der Realität in die Augen schauen. Das tat er mit seiner offensiven Kommunikation.
Das Verdikt setzt Elmer zu. Leicht nachvollziehbar ist das. Schliesslich ging es um das bis anhin Höchste in seiner Laufbahn. Und schliesslich hatte er es in der Vergangenheit eindrücklich geschafft, Krisen und Rückschlägen zu trotzen und stets gestärkt daraus herauszufinden. Das ist ihm in diesem Jahr nie wirklich gelungen. Die Reizung der Achillessehne und die Entzündung am Schleimbeutel erwiesen sich als langwierige und kräftezehrende Bremser. Bereits Ende letzten Jahres zwangen ihn diese Symptome kürzerzutreten, zurückschrauben und zu einem Anpassen des Trainings. Und obwohl er und sein Trainer im Running-Team-Europa des Schweizer Schuhherstellers On das fachkundig taten: Wirkliche Stabilität stellte sich nicht ein.
Nahe dran
«Es ist bitter, vor allem weil sich meine Ausgangslage so einfach und klar präsentiert hatte», sagt Elmer jetzt. Die Erfahrung, dass er in all den Jahren schon manche Rückschläge zu verkraften hatte, nützt ihm wenig. Mit einem gequälten Lächeln sagt er: «Zum Glück ists nicht das erste Mal. Im Umgang mit solchen Emotionen habe ich bereits etwas Erfahrung.»
Wie weiter, fragt sich nun. Auch Tom Elmer selber tut dies. «Überstürzen will und muss ich nun nichts», sagt er. Vielmehr will er «sich Zeit lassen». In welche Richtung das führt, lässt er offen. Es könnte heissen, dass er seinen Alltag als Profisportler fortsetzt und er nach Abklingen der Beschwerden und zurückgekehrtem Erfolgshunger wieder mit dem Aufbau beginnt. Damit verbunden: Er müsste neue Ziele definieren.
Neues Ziel, Rücktritt oder …?
Möglich scheint aber auch ein Entscheid in die entgegengesetzte Richtung: Wenn Elmer erkennt, dass ihm die Energie und der Optimismus fehlen, um nochmals Anlauf zu nehmen. Denn das, so scheint auch klar, müsste zumindest für die kommenden zwei Jahre und für die nächste EM dauern, besser gar für vier Jahre mit dem nächsten Olympiazyklus auf Los Angeles 2028 hin. Wenn es so weit kommen sollte, hiesse dies, dass er seine Karriere im eigentlich besten Alter beendet.
Um in der ganzen Breite des Spektrums zu eruieren, eilt es nicht. Sein aktuelles Befinden scheint nicht ideal dafür. Derzeit, so sagt Elmer, «habe ich keinen Plan und keine Ziele». Er lässt auf sich zukommen, wie sich die Situation entwickelt, und lässt die Ungewissheit bewusst zu.
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Bereits Abonnent? Dann schnell einloggen.