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SBB-Chef: Bisher 20 Zugtüren mit defektem Einklemmschutz entdeckt

Nach dem Unfalltod eines Zugchefs haben die SBB bei Wagenkontrollen mindestens 20 Türen mit defektem Einklemmschutz entdeckt. Bislang seien 250 Wagen und damit Tausend Türen untersucht worden, erklärte SBB-Chef Andreas Meyer in einem Interview mit dem «SonntagsBlick».

Agentur
sda
18.08.19 - 05:31 Uhr
Ereignisse
"Wir sind noch in Trauer": SBB-Chef Andreas Meyer nach dem tödlichen Unfall eines Zugchefs. (Archivbild)
"Wir sind noch in Trauer": SBB-Chef Andreas Meyer nach dem tödlichen Unfall eines Zugchefs. (Archivbild)
KEYSTONE/ALESSANDRO DELLA VALLE

Insgesamt sind in der Schweiz 493 Wagen des betreffenden Wagentyps EW IV im Einsatz. Der 58-jährige Bahnmanager betonte, die Sicherheit sei gewährleistet. Es würden nur Wagen wieder in den Verkehr gegeben, die sicher seien. Zudem hätten die Zugbegleiter eine erhöhte Aufmerksamkeit bei dem vom Defekt betroffenen Wagentypen.

Warum genau der SBB-Mitarbeiter vor zwei Wochen am Bahnhof Baden AG in der Tür eines Interregio-Zugs eingeklemmt und mitgeschleift wurde, wird weiter untersucht. Meyer erklärte erneut, der Abfertigungsprozess sei sicher. Ob der getötete Zugchef die Vorschriften eingehalten hatte, ist unklar. «Ich möchte über den Sachverhalt nicht spekulieren», sagte Meyer. «Der verstorbene Kundenbegleiter war ein langjähriger, sehr zuverlässiger und geschätzter Kollege.»

Zu Berichten über weitere Zwischenfälle mit Zugtüren und Verletzten erklärte Meyer, er habe von dem Defekt an den Türen nichts gewusst. «In einem so grossen Unternehmen, wo Menschen zusammenarbeiten, können immer Fehler passieren.» Man müsse diese ins Verhältnis setzen zur Gesamtzahl der Türschliessungen setzen, das seien jährlich rund 200 Millionen. Meyer betonte, die Eisenbahn sei das sicherste Verkehrsmittel. Die Sicherheit habe sich über die letzten Jahre laufend verbessert.

Nicht selber an Beerdigung

Meyer räumte ein, dass sich das Bahnunternehmen in einer schwierigen Situation befinde. «Wir spüren, dass unsere Mitarbeitenden teilweise verunsichert sind. Das ist in der aktuellen Situation völlig normal.» Der tödlich verunfallte Mitarbeiter sei erst am Freitag beerdigt worden. «Wir sind noch in Trauer.» Meyer nahm nicht persönlich an der Beerdigung teil sondern Konzernleitungsmitglied Toni Häne als oberster operativer Chef des Verstorbenen. Meyer arbeitete laut eigenen Angaben am Beerdigungstag an dringenden Fragen zur Fernverkehrskonzession. «In Gedanken war ich beim verstorbenen Kollegen.»

Trotz teils harscher Kritik von Politikern will Meyer an der Spitze der SBB weitermachen. «Auch diese anspruchsvolle Situation werde ich mit meinem Team meistern», sagte er. «Das hier ist nicht meine erste Krise.» Meyer, der seit 13 Jahren im Amt ist, erklärte: «Ich bin zwar nicht mehr neu, aber noch frisch.» Im September müssen sich SBB-Vertreter in der Verkehrskommission des Nationalrats zur Sicherheit und Zuverlässigkeit im SBB-Verkehr äussern.

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So traurig dieser Vorfall ist und es schmerzt besonders, weil es ein erfahrener SBB-Mitarbeiter war, sollte man nicht übersehen, dass in einem so komplexen Unternehmen "etwas passieren" kann. Hinzu kommt die Verkehrsdichte auf dem schweizerischen Schienennetz, was das beste in Europa ist. Einzelnen Managern etwas "in die Schuhe schieben" wollen, ist diesfalls fehl am Platz, zumal der Sicherheitsstandard bei der SBB ohnehin schon am obersten Level ist, wenn auch nichts vollkommen sein kann.

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