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Das müsst Ihr über die kommende Churer Bischofswahl wissen

Bischof Vitus Huonder gibt voraussichtlich an Ostern sein Amt ab. Dies ist jedoch nur möglich, wenn bis dahin ein Nachfolger gefunden wird.

Südostschweiz
21.04.19 - 04:30 Uhr
Ereignisse
Vitus Huonder
Am Ostersonntag endet Huonders verlängerte Amtszeit.
ARCHIV

Am Ostersonntag läuft für Vitus Huonder die verlängerte Amtszeit als Bischof von Chur ab. Eigentlich hätte Huonder gemäss dem Kirchenrecht vor zwei Jahren, als er 75 Jahre alt geworden ist, sein Amt als Bischof niederlegen müssen. Der Papst höchstpersönlich lehnte damals seinen Rücktritt ab und verlängerte seine Amtszeit um zwei Jahre. Nun ist die Suche nach einem Nachfolger im vollen Gange. Eine Suche, die komplizierter und geheimnisvoller nicht sein könnte. 

Sub Secreto Pontifico

Während Huonder am 21. April seinen letzten Tag als Bischof vom Bistum Chur haben dürfte, wird bereits seit anfangs Jahr tüchtig nach einem Anwärter gesucht. Der Apostolische Nutius Thomas Gullickson hat im Januar Fragebögen an hohe Geistliche im Bistum Chur «unter päpstlicher Schweigepflicht» (Sub Secreto Pontifico) verschickt.

Im Januar hat der Apostolische Nuntius Thomas Gullickson die Fragebogen an hohe Geistliche im Bistum Chur verschickt.
Im Januar hat der Apostolische Nuntius Thomas Gullickson die Fragebogen an hohe Geistliche im Bistum Chur verschickt.
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Zudem werden auch die Schweizer Bischofskonferenz sowie einige Mitglieder des Churer Bischofsrates und des Domkapitels in die Befragung einbezogen. Der Absender ist ein 68-jähriger US-Amerikaner, der päpstlicher Botschafter in der Schweiz ist und in Bern einen diplomatischen Dienst ausübt.

Die angeschriebenen Beteiligten sollen ihre Einschätzungen zu Kandidaten abgeben, die vorgegeben werden oder eigene Vorschläge machen. Während die Schweigepflicht der meisten Fussballprofis so löchrig ist wie ein Emmentaler-Käse, ist sie bei den Geistlichen so sicher wie das Schweizer Bankgeheimnis. Da über Namen geschwiegen wird und somit keine Gerüchte enstehen, ist über einen möglichen kommenden Nachfolger rein gar nichts bekannt. 

Am Ende der Befragungsphase stellt Gullickson aus den eintreffenden Namen ein Dreiervorschlag (Terne) nach Rom an die sogenannte Bischofskonkregation. Die Bischofskonkregation, welche aus 30 Kardinälen und Bischöfen besteht, studiert die von Gullickson vorgeschlagenen drei Kandidaten. Ausserdem hat sie die Befugnis weitere Kandidaten hinzuzufügen, die Liste zu verändern oder Gullickson zu beauftragen, nach weiteren Kandidaten zu suchen. In Rom wird dem Papst dann die Dreierliste vorgelegt, welche von ihm wiederum zurückgewiesen oder verändert werden kann. 

Rom, Chur und wieder zurück

Wurde die Dreierliste vom Papst genehmigt, geht sie zurück nach Chur. Dort kommt dann das Churer Domkapitel zum Einsatz. Das Domkapitel, welches aus 24 Priester besteht und sich nur zweimal im Jahr mit dem Bischof trifft, wählt in geheimer Wahl den zukünftigen Churer Bischof aus. Auch hier hat das Domkapital die Macht auf die Wahl zu verzichten und die Dreierliste an den Papst zurückzuweisen. 

Hat sich das Domkapitel für einen Kandidaten entschieden, und nimmt dieser die Wahl an, braucht es noch eine letzte Bestätigung des Papstes. Die Bestätigung erfolgt mit einem sogenannten apostolischen Schreiben, welches als Erkennungsurkunde gilt. Ist das Schreiben eingetroffen, darf das Churer Domkapitel die Entscheidung publik machen. Der Gewählte muss dann innerhalb von drei Monaten nach dem Erhalt des apostolischen Schreibens zum Bischof geweiht werden. Ausser er ist bereits Weihbischof oder Bischof einer anderen Diözese. Hat sich der Gewählte noch nicht zum Bischof weihen lassen, muss er innerhalb von vier Monaten «von der Diözese Besitz ergreifen». Ist dies getan, ist der Bischofsstuhl wieder besetzt und die Sedisvakanz beendet. 

Sedisvakanz: Kurz nach der Wahl 

Wenn der Papst die Absetzung von Bischof Huonder genehmigt und somit einen neuen Bischof nach Chur beruft, ist der Bischofssitz Chur für kurze Zeit sedisvakant. So wird es im Fachjargon genannt, wenn der Stuhl unbesetzt ist. Die Beauftragung der General- und Bischofsvikare erlischt und der Priesterrat wird aufgelöst. Das sogenannte Konsultatorenkollegium, zwölf Priester des Domkapitel, muss innerhalb von acht Tagen einen Diözesanadministrator wählen. Das Bistum Chur wird vorübergehend von Weihbischof Marian Eleganti geleitet. Nach diesen acht Tagen übernimmt dann der Diözesanadministrator. Dieser ist zwischenzeitlicher Leiter der Diözese und garantiert - vereinfacht gesagt - das Basisprogramm im Bistum. Er kann Priester bestätigen oder einsetzen, die rechtmässig für eine Pfarrei gewählt wurden. Er kann Firmungen spenden oder die Befugnis dafür einem anderen Priester übertragen. Er ist für die Zeit der Vakanz Mitglied der Bischofskonferenz mit Stimmrecht. Stark eingeschränkt ist er – ebenfalls vereinfacht und verkürzt gesagt – in allen strategischen, langfristigen und lehramtlichen Bereichen. Folgende Voraussetzung muss er mitnehmen: über 35 Jahre alt und Priester sein.

Während der Sedisvakanz darf nichts verändert werden. Das bedeutet, dass es der zwischenzeitlichen Leitung der Diözese untersagt ist, etwas zu tun, was eine Beeinträchtigung der Diözese oder der bischöflichen Rechte mit sich bringen könnte. Die Sedisvakanz dauert, bis der neu gewählte Bischof von seiner Diözese Besitz ergriffen hat. 

Mögliche Kandidaten

Ernsthaft gehandelte Kandidaten gibt es nicht. Dennoch hier einige Namen, die im Rennen sein könnten:

Jobprofil des Bischofs

  • männlich, über 35-jährig und seit über fünf Jahren Priester.
  • Zeichnet sich durch festen Glauben, gute Sitten, Frömmigkeit, Seeleneifer, Lebensweisheit, Klugheit sowie menschliche Tugenden aus. So schreibt es das Kirchenrecht vor.
  • Alle Kandidaten werden auf allfällige Verfehlungen hin überprüft.
  • In der Regel bis zur Pensionierung mit 75 Bischof.
  • Doktortitel hilft, zwingend ist er nicht.

Bleibt Huonder doch? 

Wer nun das Bistum in Chur übernimmt, hängt von Papst Franziskus ab. Der Argentinier hätte immer noch die Möglichkeit, die Amtszeit von Huonder erneut beliebig zu verlängern. Würde heissen, dass das ganze Wahlprozedere von neuem los ginge. Ebenso könnte der Papst einen apostolischen Administrator einsetzen. Dieser erhält zwar alle Vollmachten des Diözesanbischofs, die Diözese bleibt jedoch vakant. Er kann aber die Ämter der Generalvikare und der Bischofsvikare in Form einer Delegation bestätigen, bis der neue Diözesanbischof sein Amt antritt. 

Das sind Möglichkeiten, die für Fabio Theus, RSO-Redaktor und Theologe, keinen Sinn machen würden: «Die Einsetzung eines Administrator ist sehr unwahrscheinlich, da nach der bereits verlängerten Amtszeit von Huondern nun ein fester Bischof verlangt wird. Eine erneute Aufschiebung würde Ungemacht bedeuten.»

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