×

Pferdenärrin unterwegs – auf vier Hufen

Galoppieren über saftige Wiesen, der Geruch von Freiheit und dabei den Alltag vergessen – es ist wie in einem Märchen. Und das mit dem besten Pferd der Welt.

Nicole
Nett
28.12.22 - 16:30 Uhr
Bild Luzi Nett

«OK Boomer» versus «Wa hesch denn du scho erlebt du huere Banane?» Im Blog «Zillennials» beleuchten Vertreterinnen der Generation Z, Nicole Nett und Anna Nüesch, und die Millennials David Eichler und Jürg Abdias Huber in loser Folge aktuelle Themen. Im Idealfall sorgen die vier damit für mehr Verständnis zwischen den Generationen. Minimal hoffen sie, für etwas Unterhaltung, Denkanstösse und den einen oder anderen Lacher zu sorgen.

Angesteckt von meiner älteren Schwester, zog es als Kind auch mich in den Bann der Pferdefreunde. So nahm ich in der dritten Klasse bereits Reitstunden. Das waren die schönsten Mittwochnachmittage meiner Kindheit. An der Longe, in welcher das Pferd an einem langen Seil angebunden ist, ritt ich einen Kreis nach dem anderen – Meter für Meter. Über eine lange Zeitspanne sass ich noch etwas wacklig im Sattel. Obwohl ich Pferde liebte, konnten sie mir auch grosse Angst einjagen. Etwa eine halbe Tonne schwer ist so ein Pferd. Für mich als immer eher kleiner Mensch war nur schon das Aufsteigen eine Herausforderung. Ohne Hilfe kam ich keineswegs nach oben – dafür war das Absteigen jeweils ein Klacks. 

Mögt ihr Pferde?

Auswahlmöglichkeiten

Ein paar Wochen später durfte ich zum ersten Mal galoppieren. Das war ein spezielles Gefühl. Da wurde mir erst diese Wucht von einem Pferd bewusst. Wieder ein paar Monate später ging es darum, Hindernisse zu überspringen. Immer höher wurden die Hürden und eleganter mein Reitstil. Parallel zu den Reitstunden bekam ich die Möglichkeit, ein Pflegepferd zu übernehmen. Ab diesem Zeitpunkt hat alles so richtig Fahrt aufgenommen. Der damals schon 25-jährige Andemar wurde zur Tierliebe meines Lebens. Der Wallach war über 1,90 Meter hoch. Vor dieser Höhe fürchtete ich mich gar nicht. Von Anfang an konnte ich dem lieben Kerl vertrauen, auch wenn er mich manchmal mit seinem riesengrossen Kopf fast umgehauen hat. Dabei meinte er es doch nur gut und wollte mir auf seine Art Danke sagen – für das feine Leckerli.

Auf hohem Ross: Reiten gibt mir ein Gefühl von Freiheit. Für einen Moment kann man den hektischen Alltag hinter sich lassen.
Auf hohem Ross: Reiten gibt mir ein Gefühl von Freiheit. Für einen Moment kann man den hektischen Alltag hinter sich lassen.
Bild Sibilla Nett

Andemar war einst ein Pferd der Schweizer Armee. Deshalb war er fast schon «bombensicher» auf den Hufen unterwegs. Dennoch konnte das eine oder andere ihn erschrecken. Zum Beispiel nahmen wir einmal an einem Patrouillenritt teil. Verkleidet als «Notfallmediziner auf vier Beinen» machten wir zu viert die Schotterstrassen unsicher. Es gab verschiedene Aufgaben in einem Geschicklichkeitsparcours zu bewältigen. Dazu mussten wir Dosen von einer Bank wegschlagen, Slalom reiten oder kleinere Hindernisse überspringen. Das alles machte meinem Andemar nichts aus. Doch als es darum ging, eine Blache mit PET-Flaschen darin zu überqueren, drehte er komplett durch. Trotz mehrerer Versuche kriegten wir diese Aufgabe nicht hin. So gab es ein paar Punkte Abzug, dafür eine Erinnerung, welche bis heute bleibt. So ritten wir zufrieden wieder nach Hause. Zur Belohnung durfte Andemar dieses Mal besonders viel Gras fressen.

Zufrieden: Nach dem Patrouillenritt geniesst Andemar seine grüne Belohnung.
Zufrieden: Nach dem Patrouillenritt geniesst Andemar seine grüne Belohnung.
Bild Corina Nett

In der Reitschule kam es ebenfalls einst zu einem besonderen Reiterlebnis. Als «Zorros» verkleidet ritten wir eine Quadrille. Das ist eine Art Tanzformation, welche man mit acht Pferden einem Publikum vorführt. Lange haben wir diese Nummer einstudiert. Am Tag der grossen Aufführung waren die Pferde und wir sehr aufgeregt. Als die Tore dann endlich geöffnet und wir für die Vorstellung bereit waren, genossen meine Stute Baladin und ich den Ritt in vollen Zügen. Auch das war ein Tag, welchen ich nie vergessen werde.

Kurz vor der Aufführung: Baladin und ich sind bereit für die Quadrille.
Kurz vor der Aufführung: Baladin und ich sind bereit für die Quadrille.
Bild Sibilla Nett

In meiner Reitkarriere gab es viele Highlights – zwei davon habe ich im Text oben beschrieben. Am schönsten war allerdings das «Grosse Ganze» mit den vielen Ausritten bei Schnee und Sonnenschein, Tag und Nacht oder Sturm und Hitze. Im Schritt, Trab oder Galopp wurde jeder Ritt zu einem Erlebnis. Am meisten Zeit davon verbrachte ich mit Andemar. Er hat mich viel gelehrt und selbstsicher gemacht. Mit stolzen 33 Jahren ging er leider von uns und schlief friedlich ein. Gerne denke ich auch heute noch an ihn zurück – und manchmal vermisse ich ihn auch. Doch das gehört zum Leben mit Tieren. Und genau das macht das Hobby einzigartig.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
prolitteris