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Hüt au no MSN?

Ach, wie viel Zeit wurde damals vergeudet. Stundenlang chatteten und spionierten wir bis tief in die Nacht. Warum, nur warum.

Nicole
Nett
26.10.22 - 04:30 Uhr
«Luag amol!»: In den Weiten des Internets gibt es so einiges zu entdecken.
«Luag amol!»: In den Weiten des Internets gibt es so einiges zu entdecken.
Bild Unsplash

«OK Boomer» versus «Wa hesch denn du scho erlebt du huere Banane?» Im Blog «Zillennials» beleuchten Vertreterinnen der Generation Z, Nicole Nett und Anna Nüesch, und die Millennials David Eichler und Jürg Abdias Huber in loser Folge aktuelle Themen. Im Idealfall sorgen die vier damit für mehr Verständnis zwischen den Generationen. Minimal hoffen sie, für etwas Unterhaltung, Denkanstösse und den einen oder anderen Lacher zu sorgen.

«Chunsch hüt au no ins MSN?», fragen mich meine Kolleginnen nach Schulschluss. «Aber klar doch!», antworte ich. In den Weiten des Internets gibt es ja schliesslich so einiges zu entdecken. Warum habe ich das immer gemacht? Kaum zu Hause angekommen, schaltete ich schon den PC ein. Die ganzen Abende wurden vergeudet, um zu diskutieren, zu flirten und zu spionieren. Damals kam auch die damals populäre Plattform «Netlog» auf, die es in der Zwischenzeit schon nicht mehr gibt. Dort konnte man stalken, wer nun was macht. Zeitgleich ging auch der Gigant Facebook online. Sehr spannend, ja wirklich. «Ah, die hat einen neuen Hund» oder «Wow – die trägt ein schönes Outfit!», jawohl, wie motivierend. Ein verpixeltes Bild nach dem anderen füllte die damaligen sozialen Netzwerke. Bis heute hat sich das nicht verändert. Wir werden ja regelrecht bombardiert mit Themen, Vorschlägen und Werbung. Früher konnte ich mir einen ganzen Feed an einem Abend ansehen, heute ist das nicht mehr möglich. So verpassen wir stets irgendwas, und das ist genau das, was uns (über)fordert.

Auch ich bin täglich auf den sozialen Medien aktiv. Seit damals bewirtschafte ich so halbwegs mein Facebook-Profil. Instagram hatte ich zwischendurch einmal gelöscht, später dann aber wieder erstellt. Manchmal ist es schon ein guter Zeitvertreib, meistens aber nur Zeitverschwendung. Doch wir kommen einfach nicht davon los. Möchte man «up to date» sein, so muss man halt wissen, was läuft. Es ist ein Fluch und Segen zugleich. Ein Leben ohne Smartphone – kaum vorstellbar, oder?

Könntet ihr einen Tag lang ohne Smartphone leben?

Auswahlmöglichkeiten

Am meisten spüre ich meine mobile Abhängigkeit in den Ferien – aber im positiven Sinne. Auf dem Maiensäss haben wir wenig Strom, deshalb sollten die Akkus möglichst gespart werden. Im Ausland habe ich sowieso keine mobilen Daten, was meine Bildschirmzeit ebenfalls stark reduziert. Aber in den Ferien gibt es ohnehin viel Schönes zu entdecken, wieso sollte man dann stets am Smartphone kleben?

Ausgetauscht hat sich die Menschheit schon immer. In der Steinzeit sass man beim Lagerfeuer zusammen und erzählte einander Geschichten und Anekdoten. Heute zückt man das Handy und chattet kurz um die Welt. Das Mediennutzungsverhalten hat sich stark verändert. Früher musste man stets vor dem PC sitzen, heute trägt man das gesamte Umfeld stets bei sich. Ob das gut ist, werden wir wohl erst in ein paar Jahren erfahren. 

Meiner Meinung nach habe ich früher aber definitiv viel zu viel Zeit vor dem Screen vergeudet. Lieber wäre mir gewesen, ich hätte das echte Leben mehr genossen. Viele Schnitzeljagden, Räuber und Bullen oder Ausritte habe ich nun verpasst – leider. Doch meine Kolleginnen und Kollegen waren genauso wie ich. Auch sie liebten MSN und Co. Auch das war manchmal lustig, und wir tasteten uns an die «moderne» Technik heran. Dennoch beschlagnahmten uns diese sozialen Netzwerke regelrecht.

Heute muss ich gestehen, dass ich mit meiner täglichen Bildschirmzeit nicht gleich prahlen kann. Trotzdem hat sie sich in den letzten Jahren stark verringert. Auf eine Art braucht es die sozialen Medien, weil wir so unter anderem über aktuelle Ereignisse informiert werden. Auch da und dort mal ein süsses Hundewelpen-Video muss einfach sein. Es lenkt uns ab – was schlecht, aber manchmal auch gut sein kann. Dennoch erachte ich es heute nicht mehr für nötig, ständig zu wissen, wer was macht. So verpasse ich jegliche Reels, Storys und Schnappschüsse – dafür erlebe ich jetzt mehr das echte Leben. Und das ist auch gut so.

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