Achtung, fertig, Hochzeit!


«OK Boomer» versus «Wa hesch denn du scho erlebt du huere Banane?» Im Blog «Zillennials» beleuchten die Vertreterin der Generation Z, Nicole Nett, und die Millennials Mara Schlumpf und David Eichler in loser Folge aktuelle Themen. Im Idealfall sorgen die drei damit für mehr Verständnis zwischen den Generationen. Minimal hoffen sie, für etwas Unterhaltung, Denkanstösse und den einen oder anderen Lacher zu sorgen.
Meine Schwester ist sechs Jahre älter als ich. Für mich war sie immer wie eine zweite Mama. Mit ihrem starken Willen hat sie sich stets für mich eingesetzt und beschützt. Zu dritt – mit meiner anderen Schwester – waren und sind wir ein unschlagbares Dream-Team. Auch wenn wir uns teilweise gestritten haben, brachte uns nie etwas oder jemand auseinander. Obwohl wir eigentlich völlig unterschiedliche Persönlichkeiten sind, haben wir eine ausgeprägte Gemeinsamkeit: die Partylaune.
Schon als kleine Mädchen konnten wir jeweils Weihnachten, Ostern oder Geburtstage kaum abwarten. Völlig «chribbelig» warteten wir zum Beispiel jeden 24. Dezember auf das Christkind und konnten schon einige Nächte davor nicht mehr schlafen. An Geburtstagen roch es immer nach Kuchen und Kerzen. Garantiert liess sich eine von uns jeweils etwas Spektakuläres einfallen. Das fing bei lauten Klavieraufführungen an, ging über riesige Ballone hinweg und hörte bei überraschenden Wochenendtrips wieder auf. Ziel war immer ein unvergessliches Erlebnis und der anderen eine Freude zu machen.

Bis heute hat sich das mit der Partylaune nicht geändert. Nun könnt ihr euch mal vorstellen, wie die Hochzeit meiner Schwester abgelaufen ist. Schon als Kind hat sie sich unzählige Male alle Filme von «Sissi» angeschaut und sich im Anschluss mit diversen Decken und Tüchern verkleidet. Sie wollte aussehen wie die Kaiserin von Österreich. Ihr Traum: Sie möchte mal heiraten wie Sissi. Dieser Traum wurde nahezu wahr, einfach ohne meterlange Schleppe.
Als Trauzeugin durfte ich an diesem besonderen Fest eine äusserst schöne Rolle einnehmen. Es war mir eine Ehre, meine Schwester an ihrem grossen Tag zu begleiten. Abgesehen vom ganzen Vorbereitungsstress war es erfreulich, dass die Hochzeit bei bestem Wetter und ohne grössere Patzer über die Bühne ging. Geheiratet wurde traditionell in der Kirche. Hereingeführt wurde die Braut von meinem Vater. Da kamen vielen – auch mir – bereits die ersten Freudentränen. Sie sah bezaubernd aus, wie eine Prinzessin. Nach dem Apéro ging es fürs Abendessen ins Schloss Reichenau. Ja, man fühlte sich fast schon adelig. Nach diversen Darbietungen, Hochzeitstorte und Hochzeitstanz wurde die Party für fast 100 Leute eröffnet. So tanzten und lachten wir gemeinsam bis in die Morgenstunden. Zu Hause angekommen, war es bereits hell am Himmel. Es kam also wirklich an die Vermählungsfeier von Sissi heran. Genau so habe ich mir diese Hochzeit schon als kleines Kind immer vorgestellt.

Vor der Coronapandemie war ich mir gar nicht so bewusst, was für ein Privileg es ist, eine derart grosse Hochzeit mit der ganzen Familie feiern zu können. Umso mehr nimmt man dies nach bald drei Jahren Pandemie wieder wahr. Vor einem Jahr ist das alles noch unvorstellbar gewesen. Nun hat es also mit der bunten, märchenhaften Hochzeit doch noch geklappt. Es klingt vielleicht etwas kitschig, aber ich denke, gewisse Träume brauchen einfach ihre Zeit. Ich lege jeder und jedem ans Herz: Es lohnt sich ab und zu, einfach zu warten und den Dingen ihren eigenen Lauf zu lassen. «Trust the process», wie es auf Englisch so schön heisst. Also dem Prozess oder einfach der Zeit zu vertrauen, obwohl die Pandemie manchmal endlos erscheint und ein Stimmungskiller ist. Auch wenn meine Schwester nun bald zwei Jahre verlobt, aber noch nicht verheiratet war, wurde die langersehnte Hochzeit zu einem absoluten Highlight – für die ganze Familie. Das ewige Ausharren hat sich also mehr als gelohnt. Und ich denke, das ist nicht nur bei Hochzeiten so, sondern auch bei vielen anderen, zum Teil vielleicht etwas banaleren Angelegenheiten im Alltag.