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Drei intensive Wochen zum Ende meiner U23-Zeit

Südostschweiz
22.10.20 - 04:30 Uhr

Spitzensport – für die meisten Athletinnen und Athleten bedeutet dies harte Arbeit, Entbehrungen und eine grosse Portion Leidenschaft. Im Format «Sportlerblog» schreiben junge Bündner Sporttalente über ihren Weg an die Spitze.

von Vital Albin*

Aufgrund vieler Absagen und Verschiebungen der Wettkämpfe aus dem allen bekannten Grund ergab sich für uns Mountainbiker eine spezielle Situation. Zwei Weltcups, die Weltmeisterschaft und die Europameisterschaft wurden innerhalb von drei Wochen im Oktober ausgetragen. Normalerweise ist unsere Saison Mitte September beendet, doch dieses Jahr ging sie erst im Oktober richtig los. Das war natürlich für den Formaufbau eine Herausforderung. Es ging hier vor allem drum, den Jahrespeak auf genau diese drei Wochen zu setzen. Auch für andere Bereiche wie das Material, die Verpflegung oder die mentale Vorbereitung galt es, alles perfekt zu machen für diese wenigen Chancen, sich zu beweisen.

Vor den zwei Weltcups in Nove Mesto in Tschechien, wo übrigens im Winter Biathlon-Weltcups ausgetragen werden, waren sich viele Athleten über ihren Formstand im Ungewissen. Einen Grossteil der internationalen Konkurrenz habe ich nicht mehr gesehen seit September letzten Jahres. Aus diesem Grund war es eine grosse Erleichterung für mich, dass ich in diesen zwei Rennen je einen dritten Platz einfahren konnte.

Unschöne Überraschung in Österreich

Danach ging der Rennzirkus weiter nach Leogang in Österreich für die Weltmeisterschaften. Aufgrund meiner Bronze-Medaille letzten Jahres waren meine Erwartungen hoch. Ich hatte jedoch nicht genug gute Beine, um vorne mitzufahren und fuhr schlussendlich den siebten Platz ein. Die Strecke war neu und inmitten eines Bikeparks, wodurch es für die meisten klar war, dass uns eine technische und moderne Strecke erwartet.

Doch dem war nicht so und wir hatten sehr lange Aufstiege zu bewältigen mit schnellen Abfahrten. Das schlug sich auch auf die Stimmung unter den Athleten und dem Staff nieder. Aufgrund der Corona-Massnahmen wurden die Kategorien und Geschlechter bei den Mahlzeiten in separate Räume aufgeteilt und wir mussten immer die Maske tragen, ausser im Zimmer und beim Essen. Dies in Verbindung mit einer enttäuschenden Strecke, fehlenden Zuschauern und kaltem/regnerischen Wetter dämpfte die allgemeine Stimmung.  

Die Entschädigung folgte im Tessin

Die Woche drauf fand das letzte Rennen dieser bepackten drei Wochen im Tessin statt. Auf einer uns Schweizern aufgrund der Austragung im Rahmen des Swiss Bike Cups bekannten Strecke durften wir für den Europameistertitel auf vertrautem Boden kämpfen. Dies ist meine Lieblingsstrecke und aus meiner Sicht ein Paradebeispiel einer richtigen Cross-Country-Strecke: Kurze Aufstiege, technisch anspruchsvolle Passagen und zuschauerfreundlich. Da war die Stimmung auch wieder viel besser und es machte richtig Spass, auf dieser Strecke zu trainieren. An diesem Rennen durfte sogar eine begrenzte Zahl an Zuschauern dabei sein.

Die EM im Tessin war gleichzeitig mein letztes Rennen in der U23-Kategorie. Ich hatte bis dahin noch keinen Titel in dieser Kategorie gewonnen und sah die Chance, diese Lücke zu schliessen. Schon vor dem Rennen vermutete ich, dass es einen Zweikampf zwischen Joel Roth (auch Schweizer) und mir geben könnte. Das ganze Rennen fuhren wir zwei vorne weg, ab und zu von einem Italiener begleitet. In der letzten Runde konnte er mich in einem Aufstieg distanzieren und ich konnte ihn nicht mehr einholen.

Nun ist die Saison beendet und ich nehme mir eine kleine Auszeit vom Training. Sobald ich wieder komplett erholt und motiviert für die Vorbereitung für die nächste Saison bin, gehe ich wieder an die Arbeit. Diese Zeit werde ich vor allem nutzen, um im Jus-Studium voranzukommen. Nach zwei Jahren als kompletter Profi versuche ich ein Teilzeitstudium, um mich für die Zeit nach meiner Karriere vorzubereiten. Damit ich nicht an eine Universität gebunden bin und in eine grössere Stadt ziehen muss, absolviere ich ein reines Fernstudium.

*Der Tersnauser Vital Albin ist eines der grössten Schweizer Mountainbike-Talente. 2019 wurde der 22-Jährige an den Weltmeisterschaften in der U23-Kategorie Dritter im Cross Country. Im Herbst 2020 krönte er seine U23-Zeit mit der EM-Silbermedaille. Für «suedostschweiz.ch» gibt Euch Albin während der Saison 2020 Einblicke in das Leben eines Mountainbike-Profis.

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