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Seychellen – die reichsten Afrikaner

Hans Peter
Danuser
18.12.18 - 04:30 Uhr
PIXABAY

Hans Peter Danuser und Amelie-Claire von Platen sind im Engadin zu Hause und zeigen uns ihren Blickwinkel. Was bewegt Land und Leute? Wo ist das Engadin stark und wo hinkt es einzelnen Mitbewerbern hinterher? Und was geschieht auf politischer Bühne? Der Blog «Engadin direkt» berichtet persönlich und authentisch.

Seychellen und Mauritius, das klingt in diesen Tagen der Eiseskälte in der Schweiz wie heisse Schokolade, die einem das Herz von innen wärmt.

Dank «Let’s go» vom Ex-Hotelplan-Mann Kurt Zürcher hatte ich das Glück, Anfang Dezember die beiden Destinationen zu besuchen. Ich war eingeladen, an einer einwöchigen Reise für Reisefachleute teilzunehmen. Wer sich darunter ein romantisches und erholsames Reisli in den Süden vorstellt, liegt jedoch voll daneben. Wir haben in sieben Tagen 20 Hotels besichtigt, siebenmal die Unterkunft gewechselt, mit Weckdienst meist zum Sonnenaufgang um 6 Uhr.

Faszinierend war der Vergleich der heutigen Situation mit jener vor 40 und 30 Jahren, als ich erstmals in diesem Inselparadies zu Besuch war. Damals waren die Seychellen und Mauritius Insider-Tipps unter Reiseprofis und Crew-Mitgliedern der grossen Fluggesellschaften. Heute bieten sie gleiche Attraktionen, Angebote und Markenwerte wie Hawaii, Tahiti, Bali etc., aber mit viel weniger Aufwand an Flugstunden, Zeitverschiebung (nur drei Stunden), Umsteigen, etc. Edelweiss fliegt beide Destinationen ab Zürich direkt an.  

Die Seychellen sind ein Archipel mit über 100 Inseln östlich von Kenia im Indischen Ozean. Ich war 1977 dort und erlebt prompt den Putsch der «Roten» gegen die im Vorjahr gewählten «Bürgerlichen». Da wir drei Jahre zuvor dasselbe in Portugal erlebt hatten, nahmen wir die Sache locker – es fiel auch diesmal kein einziger Schuss. Heute, gut 40 Jahre später, entnehme ich dem Marco-Polo-Reiseführer, dass der damalige Putschist France Albert René in der Folge 27 Jahre Präsident war und seither erst der zweite Nachfolger im Amt ist. Diese politische Kontinuität ist in jener Hemisphäre unüblich, aber mit ein Grund für den relativen Wohlstand der etwa 100'000 Insulaner.

Gemäss durchschnittlichem Pro-Kopf-Einkommen sind die Seycheller heute die reichsten Afrikaner. René war im Westen zwar als Kommunist verschrien, setzte aber eine vernünftige Strategie um. 70 Prozent der Staatseinnahmen stammen heute aus dem Tourismus. Diesem hat die Politik gute Voraussetzungen geschaffen: Sicherheit, Sauberkeit, gute Ausbildung inkl. Sprachunterricht in Englisch, Französisch und Kreolisch ab 3,5 Jahren bis 16 Jahren kostenlos, Förderung des Individualtourismus in ausgezeichneten Hotels.

Inselferien auf den Seychellen sind Weltklasse – allerdings auch im Preis. Dafür dauern die Direktflüge der Edelweiss Air ab Zürich nur knapp acht Stunden bei zwei bis drei Stunden Zeitdifferenz – je nach Sommer- und Winterzeit. Näher und komfortabler sind tropische Inseln vergleichbarer Qualität nicht zu erreichen.

Die Regierung fördert den Qualitätstourismus gezielt, verkauft ganze Buchten an Investoren aus Mauritius, Dubai, Singapur, die mit bekannten Hotelgruppen langfristige Managementverträge abschliessen: «Four Seasons», «Raffles», «Kempinski», «Six Senses», «Constance», etc. Praktisch alle Arbeitsplätze sind mit Einheimischen besetzt – im Schnitt ein Angestellter pro Gast. Services, Ambiente, Infrastruktur sind den Top-Resorts Europas, Amerikas und Asiens ebenbürtig. Im Gegensatz zur Schweizer Berghotellerie, die ihren Jahresertrag oft in acht oder weniger Monaten generieren muss, sind die Häuser auf den Seychellen ganzjährig geöffnet und weisen eine Auslastung zwischen 60 und 90 Prozent aus.

Den Unterschied zu anderen Tropeninseln machen einige Exklusivitäten aus, die in dieser Kombination nur die Seychellen bieten:

Etwa 70 Palmensorten wachsen auf den Inseln. Die Farben, Formen, Dichte und Grösse der Inselvegetation ist atemberaubend, etwa im Vallée de Mai. Einzigartig sind die Coco de Mer, die sagenhaften Meereskokosnüsse mit «weiblichen Rundungen». Sie wachsen an schlanken, eleganten Palmen, die es nur dort gibt. Es braucht 20 Jahre, bis die Nüsse ausgewachsen sind und erstmals blühen. Sie sind dann bis zu 18 kg schwer und damit die grössten, schönsten Samen und Kokosnüsse der Welt.

Der Mix von flachen, türkisblauem Meer, weissem Sandstrand und wuchtigen, gerundeten, dunklen Granitfelsen in üppigster Flora. Die Anse Source d’Argent auf der Insel La Digue ist einer der schönsten und berühmtesten Strände der Welt.

Gute 170'000 Riesenschildkröten, lebende Fossilien längst vergangener Erdzeiten sind geschützt, zentnerschwer und oft über 100 Jahre alt.

Die Unterwasserflora und -fauna entspricht in ihrer Vielfalt und Farbenpracht jener auf dem Inselfestland und hält jedem Vergleich mit anderen Korallenparadiesen stand.

Hohe Priorität bei Ferienentscheiden hat in unserer Zeit die Sicherheit in einer Destination. Hier punkten die Seychellen mit politischer Stabilität, wenig Kriminalität und null Terrorismus. Wir sahen keine Polizisten oder Soldaten, wie z. B. in Roma, Madrid, Paris oder Thailand. Dasselbe gilt für die Sauberkeit. Auf den Seychellen liegt kein Müll rum. Nicht auf den Strassen, an Stränden, im Wald, Meer oder sonst wo. Natur und Siedlungen sind hier sauberer als in Singapore oder der Schweiz.

Fazit: Die Seychellen und ihre Gastronomie sind ihren Preis wert und zählen für mich zum Feinsten, was die Welt an Ferien heute bietet.

Der nächste Zeitzeichen-Blog ist Mauritus gewidmet.

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