×

Zahl der Wildunfälle sinkt historisch

Seit der Coronakrise sind die Zahlen der Wildunfälle auf Bündner Strassen zurückgegangen. Welche Faktoren sonst noch eine Rolle spielten, verriet uns Hannes Jenny, Wildbiologe vom Amt für Jagd und Fischerei, im Interview.

Südostschweiz
08.06.20 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Wildwarnanlage
Während des Lockdowns kamen weniger Tiere auf Bündner Strassen ums Leben.
Theo Gstoehl / THEO GSTÖHL

Herr Jenny, seit der Coronapandemie sind weniger Menschen auf Bündner Strassen unterwegs. Was sagen ihre Zahlen? 

Dass die Mobilität so kurzfristig aufgrund der Coronakrise eingeschränkt wurde, war schon ein sehr grosses Experiment. Das hat nun Auswirkungen auf die Natur und besonders auf die Wildunfälle. Wir sind in den Januar beim Hirsch und Reh mit mittleren Fallwildzahlen gestartet. Die Februarzahlen bewegten sich dann nach unten. In der Lockdownzeit, März, April und Mai, haben sich die Zahlen dann am untersten Rand der letzten 23 Jahren wieder gefunden. 

Kam das Ergebnis überraschend oder haben Sie damit gerechnet? 

Überraschend kam es nicht! Bereits früh haben uns die Wildhüter an der Front über eine Veränderung informiert. Normalerweise zählen wir Ende März viele Unfälle, aber dieses Jahr war das nicht der Fall. Das war auch ein Grund, warum wir es uns zum Anlass genommen haben, die Entwicklung der Fallzahlen der letzten 24 Jahren zu analysieren. 

Wie positiv wirkte sich der Lockdown auf die Zahlen aus?

Beziehen wir uns auf die toten Tiere, dann können wir sagen, dass die Zahlen um ein Viertel zu den üblichen Jahren zurückgegangen sind. Hierbei haben wir die Datenreihe seit 1997 verglichen: Die Zahlen der toten Tieren vor dem Lockdown, 1. Januar bis 15. März, und die Zahlen während des Lockdowns, 16. März bis 23. Mai. Die Coronakrise war nur ein Aspekt für die Fallzahlen. Die Wildunfallzahlen sind abhängig von der Bestandeshöhe der Tiere. Wenn es viel Schnee in den Wäldern und zudem viel Salz auf der Strasse hat, dann gehen die Tiere auch öfters auf die Strasse. Einerseits um sich besser bewegen zu können, anderseits aufgrund des Salzes. 

Der Verkehr wird wohl wieder steigen. Worauf muss man nun genau achten, um einen Anstieg der Wildunfälle zu verhindern? 

Das Auto sollte nur eingesetzt werden, wenn man es wirklich braucht. Mir ist es als Autofahrer bewusst, dass es nicht ganz einfach ist. Aber weniger Verkehr, heisst nunmal auch wenige Unfälle und somit auch weniger Tote. Jeder Bündner Verkehrsteilnehmer muss damit rechnen, wilde Tiere auf der Strasse anzutreffen. Deshalb sehr wichtig, die Kontrolle über die Geschwindigkeit zu haben und in der Dämmerung konzentriert zu fahren. Bei hoher Geschwindigkeit ist es nun mal auch schwieriger, einem Tier auf der Strasse auszuweichen. Aus diesem Grund haben wir im Kanton Graubünden auch genug Wildwarntafeln. Auch wenn wir sie beinahe überall sehen, müssen sie ernst genommen werden. 
(huj)

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Leben & Freizeit MEHR