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Mehr Blutkrebs-Diagnosen in der Region

Der September steht im Zeichen des Blutkrebs. Während des sogenannten «Bloodcancer-Awareness-Month» soll die Gesellschaft für das Thema sensibilisiert werden. Auch wenn die Prognosen bei der Diagnose «Blutkrebs» deutlich besser sind als noch vor ein paar Jahren, ist Blutkrebs immer noch ein grosses Thema, auch im Kantonsspital Graubünden.

28.09.19 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Es gibt mehr als nur eine Form von Blutkrebs.
Es gibt mehr als nur eine Form von Blutkrebs.
ARCHIV

In der Schweiz erkranken jährlich 2760 Menschen an einer Form von Blutkrebs. Das sind sieben Menschen pro Tag. Laut Ulrich Mey, Leitender Arzt Hämatologie/Onkologie des Kantonsspitals Graubünden, war in den letzten Jahren ein leichter Anstieg der Blutkrebs-Diagnosen zu verzeichnen. «Die Blutkrebserkrankungen machen einen relevanten Teil unserer behandelten Krebserkrankungen am Kantonsspital aus. Die gestellten Diagnosen haben zugenommen. Weniger, weil das Risiko, an Blutkrebs zu erkranken, gestiegen ist, sondern weil die Menschen immer älter werden. Die meisten hämatologischen Erkrankungen treten eher bei Menschen höheren Alters auf.»

Ausserdem habe sich auch die Diagnostik merklich verbessert, weshalb weniger Erkrankungen unentdeckt blieben. Auch die Zuweiser, beispielsweise die Hausärzte, seien sensibilisiert und würden verstärkt ein Augenmerk auf ein verändertes Blutbild werfen. Besteht der Verdacht auf Blutkrebs, findet eine Überweisung an einen Spezialisten, wie zum Beispiel an einen auf Blutkrebs spezialisierten Arzt, einen sogenannten Hämatologen, für weitere Abklärungen statt.

Blutkrebs ist nicht gleich Blutkrebs

In die Kategorie «Blutkrebs» fallen nicht nur jene Krebsformen, die das Blut und das Knochenmark schädigen, sondern alle Krebsarten, die das hämatologische System betreffen. Dazu gehören auch die Lymphdrüsen. Bei den Krebsarten, die das Blut betreffen und auch bei den Typen, die das Lymphsystem angreifen, unterscheidet man jeweils weitere Unterkategorien. Weil unterschiedliche Blutkrebsarten eine unterschiedliche Behandlung erfordern, ist es unumgänglich, den genauen Typ zu eruieren. Dies geschieht vornehmlich durch Biopsien und Ultraschalluntersuchungen.

Auch die Analyse des Blutbildes ist dabei von zentraler Bedeutung. Ist bekannt, um welchen Typ es sich handelt, muss abgeklärt werden, wie stark sich der Krebs bereits ausgebreitet hat. Meistens geschieht dies mittels einer CT (Computer-Tomografie) oder auch PET-CT. Bei Letzterer nutzt man die Tatsache, dass Tumorzellen übermässig viel Energie verbrauchen. Dem Patienten wird eine Lösung aus Zucker und radioaktivem Kontrastmittel verabreicht, welche sich anschliessend im Körper verteilt. Diese Lösung wird dann von verschiedenen Bereichen im Körper in Anspruch genommen. Grundsätzlich wird der Zucker dort verarbeitet, wo der Körper einen hohen Energieverbrauch aufweist, wie zum Beispiel im Gehirn und im Herz. Auch die Tumorzellen werden sich über den zugeführten Zucker hermachen. Weil der Zucker an das radioaktive Kontrastmittel gebunden ist, leuchten die Zonen in der Computer-Tomografie auf, die besonders viel des Zuckers beanspruchen, womit die Ausbreitung der Tumore sichtbar wird.

Mehr als nur ein Weg zur Heilung

Die Diagnose Blutkrebs löst bei den Betroffenen und den Angehörigen erstmal einen Schock aus. Diesen Schock abzufangen, ist ebenfalls Aufgabe der Hämatologen. Nachdem die Diagnose gestellt und das Stadium bestimmt ist, wird mit den Patienten die weitere Behandlung besprochen. Auch wenn die herkömmliche Chemotherapie oftmals noch eine wichtige Rolle spielt, hat sich die Medizin in den letzten Jahren stark weiterentwickelt und bietet den Betroffenen immer mehr auch Alternativen zu den invasiven Behandlungen.

«Im Kantonsspital Graubünden setzen wir grösstenteils medikamentöse Therapien ein. Auch die Strahlentherapie ist eine Option», erklärt Ulrich Mey. «Heute sind die Therapien viel zielgerichteter. Antikörpertherapien, welche gegen bestimmte Oberflächenstrukturen wirken, spielen immer mehr eine Rolle. Diese werden oftmals viel besser vertragen als die Chemotherapien», so der Hämatologe.

Ulrich Mey ist Leitender Arzt Hämatologie/Onkologie des Kantonsspitals Graubünden.
Ulrich Mey ist Leitender Arzt Hämatologie/Onkologie des Kantonsspitals Graubünden.
KANTONSSPITAL GRAUBÜNDEN

Das einzige Hindernis sind hier die Krankenkassen. Häufig bestehen diese darauf, dass ein Patient mit den herkömmlichen Zytostatika, also mit einer Chemotherapie, behandelt wird. Greift diese nicht oder ist es wegen der Nebenwirkungen für einen Patienten unzumutbar, eine Chemotherapie zu machen, wird aber auch ein alternatives Medikament übernommen. Dieses Problem ist bekannt und wurde bereits vor einiger Zeit in anderen Medien wie in der SRF-Sendung «Echo der Zeit» thematisiert. So heisst es bei SRF: «Tatsache ist, dass Kassen abschliessend beurteilen können, ob sie zahlen wollen oder nicht.»

Auch die eigentliche Chemotherapie wird nicht selten nur dann vollständig übernommen, wenn sie genauso angewendet wird, wie sie registriert wurde. Diese Registrierung kann bis zu 15 Jahre zurückliegen, wie das «Tagblatt» schreibt. Das steht in klarem Widerspruch zum heutigen Stand der Forschung.

Zusätzlich zur medikamentösen Therapie bietet das Kantonsspital Graubünden auch komplementärmedizinische Behandlungen an, welche sich nicht auf die Heilung, sondern auf das Wohlbefinden während der Behandlung fokussieren.

Die Verantwortung liegt nicht nur bei den Ärzten

Durch den medizinischen Fortschritt und die sensibilisierte Gesellschaft ist die Mortalitätsrate von Blutkrebspatienten aller Formen in den letzten Jahren gesunken. Auch in Fällen, bei denen die Diagnose auf einen tödlichen Verlauf der Krankheit deutet, gibt es Fortschritte. Mittlerweile könne man durch die heute verfügbaren Therapieoptionen die Lebenserwartung auch bei unheilbar kranken Patienten oft um mehrere Jahre erhöhen, wie aber auch die Lebensqualität in diesen Jahren steigern, erklärt Ulrich Mey.

Laut Mey dürfte die Behandlung von Blutkrebs in den kommenden Jahren weiter verbessert werden. Aber bei jedem Einzelnen liegt auch eine gewisse Verantwortung. Raucher zum Beispiel haben ein erhöhtes Risiko, an einer Form von Blutkrebs zu erkranken. Zudem gibt es Anzeichen dafür, dass gewisse Pestizide und Herbizide krebserregend sind. Wichtig ist in jedem Fall eine möglichst schnelle Diagnosestellung und anschliessende Behandlung. Bei einer anhaltenden Schwellung (von etwa drei bis vier Wochen) eines Lymphknotens ist eine Untersuchung angebracht. Je früher ein Blutkrebs erkannt wird, desto besser sind die Prognosen.

Mara Schlumpf ist Redaktorin und Chefin vom Dienst bei «suedostschweiz.ch». Ursprünglich kommt sie aus dem Aargau, hat ihr Herz aber vor einigen Jahren an Chur verschenkt.

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