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Nach dem Braukurs einen Verein gegründet

Der Bierbrauverein St. Georg in Kaltbrunn ist wohl der kleinste Verein 
überhaupt. Dafür sind seine Mitglieder umso aktiver.

Linth-Zeitung
09.10.18 - 09:00 Uhr
Leben & Freizeit
Toni Rüegg (links) und Pascal Rüegg sorgen in Kaltbrunn für hervorragendes Bier, das sie in der ehemaligen Militärküche brauen.
Toni Rüegg (links) und Pascal Rüegg sorgen in Kaltbrunn für hervorragendes Bier, das sie in der ehemaligen Militärküche brauen.
BARBARA SCHIRMER

von Barbara Schirmer


Es ist halb fünf Uhr morgens. Noch sind die Fenster der Häuser dunkel. Kein einziges Auto ist auf der Strasse auszumachen, gespenstige Ruhe liegt über Kaltbrunn. Nur in der ehemaligen Militärküche hinter dem Feuerwehrdepot, da brennt Licht. Drinnen herrscht emsiges Treiben. Längst sind die Feuerstellen unter den alten Kochtöpfen eingefeuert, das Wasser darüber sprudelt demnächst. Es ist Zeit, einzumaischen.

Dazu greift Toni Rüegg, Mitglied des Brauvereins Kaltbrunn, zu den Fässern. In denen lagert das am Vortag geschrotete Malz. Pascal Rüegg, das zweite Mitglied des Vereins, schöpft das heisse Wasser in einen grossen Topf. «Diesen testen wir heute zum ersten Mal», versichert er. Es ist ein spezieller Bierbrautopf, der mit einem Hahn ausgerüstet ist. Sind Wasser und Gerstenmalz vermischt, gilt es, verschiedene Rasten einzuhalten, damit Bier überhaupt entstehen kann. 

Ihr Handwerk lehrten die Bierbrauer von Kaltbrunn in einem Braukurs. Diesen schenkte Vater Toni Rüegg seinem Sohn Pascal zu Weihnachten. «Es ist ja immer so schwierig, was man den erwachsenen Kindern schenken kann», sagt er. Was er damals nicht wusste: Dieses Weihnachtsgeschenk hallt bis heute nach. Denn Pascal Rüegg war so begeistert vom Bierbrauen, dass er fortan daheim im Keller am ultimativen Kaltbrunner Bier tüftelte. Anfangs nur mit einem vollautomatischen 20-Liter-Topf. Bald schon wurde das Bierbrauen zum Samstagsvergnügen von Vater und Sohn. Zeit auch für Toni Rüegg, sich einen Grundkurs im Bierbrauen zu leisten. 


Aktuell zwei Sorten


Im Bierbrauverein sind die Rollen klar aufgeteilt. Pascal Rüegg ist der Präsident. Vater Toni Rüegg amtet als Kassier und Aktuar. Die beiden sind die einzigen Mitglieder des Vereins, nehmen es daher mit der Hauptversammlung nicht so genau. Schliesslich sind sie fast wöchentlich am Brauen. Da sind Wartezeiten unabdingbar. Diese nutzen die Männer, um das Geschäftliche zu regeln, aber auch, um über Banales zu reden oder ganz einfach, vor einer Tasse Kaffee zu schweigen. 

Das Bier von Toni und Pascal Rüegg ist gefragt. Aktuell sind zwei Sorten erhältlich. Ein helles Lagerbier und das Fiirobigbier. Letzteres ist die dunkle Variante. Naturtrüb sind beide. «Im Moment tüfteln wir an einem Weizenbier», verrät Pascal Rüegg. Noch seien sie mit dem Resultat nicht ganz zufrieden. Sie sind aber zuversichtlich, dass dies bald ändert. «Wir hatten diesen Sommer einfach kaum Zeit, um etwas auszuprobieren», sagt Toni Rüegg. Sohn Pascal rührt mit einer grossen Kelle im Topf. Dann schaut er auf und wirft trocken ein: «Seit wir mit dem Bierbrauen begonnen haben, steht nicht einmal ein voller Harass Bier in unserem Keller. So ein karges Leben wie jetzt hatten wir noch nie.» 

Mit ihrer Bierbrau-Idee haben die Rüeggs offenbar eine Nische gefunden, welche von den Kaltbrunnern geschätzt wird. Froh sind sie, dass sie mit ihrem Verein die ausrangierte Militärküche mieten durften. Daheim wäre die Bierproduktion längst an ihre Grenzen gestossen. Auch ist ihnen wichtig, dass sämtliche Lebensmittelvorschriften eingehalten werden. Toni Rüegg versichert: «Die ganze Anlage wurde vom Amt abgenommen.» Der Gewinn aus dem Brauereigeschäft wird laufend in das Vereinsvermögen investiert. Da sind Messgeräte, um den Zuckergehalt zu bestimmen, Thermometer, Kühlbehälter, aber auch eine Spundanlage, die den Druck in den Lagerbehältern reguliert. Die Flaschenabfüllmaschine hat Toni Rüegg als gelernter Maschinenmechaniker selber gebaut. Noch ist das Etikettenkleben Handarbeit. «Zum Glück können wir immer wieder auf die Hilfe von Freunden zählen», freut sich Pascal Rüegg. Die beiden träumen von einer Etikettiermaschine.


Freude im Vordergrund


Obwohl das Geschäft mit dem Bierbrauen floriert, warten die beiden Mitglieder mit dem Ausbau des Vereins ab. Noch ist ungewiss, was die Gemeinde mit der alten Militärküche vorhat. Diese ist derzeit das Herz der Brauerei. Für Toni und Pascal Rüegg ist grösser werden auch nicht das erklärte Ziel. «Wir brauen als Hobby und ein Hobby soll ganz einfach Freude machen», versichern sie unisono. Dann greift Pascal Rüegg zum Eimer und öffnet den Hahn am Topf. Bis Mittag wird das Bier soweit sein, dass es in den Lagerbehältern ein erstes Mal heranreifen kann. Vier Wochen später werden sich die Bierliebhaber damit zuprosten können. Gut Ding will eben Weile haben. 

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3 Fragen an Pascal Rüegg, Präsident 
Bierbrauverein Kaltbrunn

1. Falls Sie Auswahl haben, was für ein Bier trinken Sie?
Bin ich in einem Restaurant und werden dort regionale Spezialitäten angeboten, probiere ich natürlich diese. Ich bin ein Fan von Eigenkreationen. Die schmecken sehr individuell. Dabei spielen einerseits die Getreidemischung, das Handwerk, aber auch das Wasser eine zentrale Rolle.


2. Dann sind Sie zufrieden mit dem Kaltbrunner Wasser?
Längst nicht jede Gemeinde im Linthgebiet veredelt ihr Wasser so wie wir Kaltbrunner. Das betont übrigens auch unser Brunnenmeister immer wieder. Wir tüfteln im Moment daran, wie wir den reichlich vorhandenen Kalk aus dem Wasser kriegen. Erste Versuche sind bereits positiv verlaufen.


3. Haben Sie keine Angst, dass sich viele Nachahmer finden?
Keineswegs. Im Gegenteil, ich würde mich sogar über mehr Biervielfalt freuen. Mit dem Bierbrauen ist es wie mit dem Schokokuchen der Hausfrau. Alle haben dieselben Grundzutaten und doch schmeckt er überall anders. Unser Bier können nur wir brauen, und das ist gut so.

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